Die Musik, die vor allem in der evangelischen Kirche eine große Rolle spiele, müsse wieder einen "reinen, vom Geheimnis getragenen Klang" entdecken, der nicht von "Pseudopopularität" überdeckt sei. Schneider, der vor allem mit bedeutender Filmmusik ("Herbstmilch", "Schlafes Bruder", "Marienhof") bekannt wurde, hat auch Werke zu theologischen Themen komponiert. Am Montag wird er 70 Jahre alt.
Mysteriöse, fremdartig-rätselhafte Klänge könnten den Zuhörer fesseln und ihn zu neuen Wegen des Entschlüsselns von Texten reizen, sagte Schneider, der auch Präsident des Deutschen Komponistenverbands ist. An vielen Texten habe man sich musikalisch "totgehört", weshalb sie zu Worthülsen verkommen seien, wie etwa ein "Kyrie Eleison" im Gottesdienst. Aber durch eine "geheimnisvolle Vertonung" könnten diese Texte wieder eine neue Magie bekommen und Gläubigen fesseln.
"Riesengroßes Bedürfnis" nach Live-Musik in Echtzeit
Genauso funktioniere auch die Filmmusik. Während die Kamera etwas ganz Banales zeige wie beispielsweise eine Bergwand, gehe durch eine geheimnisvolle, unbekannte Musik ein Tor auf in eine innere Welt, in eine andere Dimension jenseits der äußeren Fassade, sagte Schneider.
Nach den Corona-Einschränkungen verspüre er ein "riesengroßes Bedürfnis" nach Live-Musik in Echtzeit, sagte Schneider. Die online-Übertragungen im Netz mit ihren sekundenlangen Verzögerungen seien kein Ersatz, sondern "Einbahnstraßen der Kommunikation". Live zu musizieren bedeute hingegen inspirieren und dabei vom Gegenüber inspiriert zu werden - "wie bei einem dialogisierenden Liebesspiel", sagte der Komponist. Das gehe via Internet niemals.