Zwar könne es für Familien oder Berufsanfänger eine Rolle spielen, mit dem Austritt Geld zu sparen, wenn sie durch die Krise finanzielle Probleme bekämen, sagte er am Donnerstag dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Das kann einen verstärkenden Einfluss haben." Nach der jüngsten Kirchenmitgliedschaftsstudie seien finanzielle Gründe aber nur in Verbindung mit innerer Distanz zur Kirche wirksam.
"Gleichgültigkeit gegenüber der Religion ist dabei ein entscheidender Faktor", sagte Lämmlin. Hinzu kämen persönliche Gründe wie etwa Ärger über einzelne Pastoren.
Austritte seien nur ein Faktor für den Rückgang der Kirchenmitgliedschaft, erläuterte Lämmlin. Laut einer Studie des Freiburger Forschungszentrums Generationenverträge könne sich die Zahl der Kirchenmitglieder in Deutschland bis zum Jahr 2060 halbieren. Mit Veröffentlichung dieser Studie im vergangenen Jahr hätten sich die Kirchen bereits auf künftig deutlich geringere Steuereinnahmen und einen Sparkurs eingestellt.
Wie sehr sich diese Entwicklung durch einen Konjunktur-Einbruch wegen der Corona-Pandemie noch verstärke, lasse sich derzeit nicht vorhersagen, sagte der Theologie-Professor: "Aus meiner Sicht wäre es wichtig, dass die Kirchen jetzt nicht überstürzt reagieren." Die Gemeinden stünden in der Krise ohnehin unter Druck und hätten mit viel Energie und Kreativität neue Arbeitsformen entwickelt. In dieser Zeit sei es wichtig, sie auch finanziell zu fördern, anstatt zusätzliche Sparvorgaben zu machen.
Angebote zum sozialen Engagement
Zu der Frage, ob die Kirchen in der Krise öffentlich an Bedeutung gewinnen, lägen bisher nur wenige Daten vor, sagte der Institutsdirektor. Ihre aktuellen Unterstützungsangebote seien danach vor allem für die ihnen eng verbundenen Menschen wichtig: "Die auch digitale Präsenz der Kirche hat im eigenen Umfeld eine deutlich wichtige Rolle gespielt." Die Corona-Krise zeige aber auch, wie wichtig es sei, dass die Kirche Angebote zum sozialen Engagement schaffe. Nachbarschaftshilfen und ähnliche Initiativen seien derzeit sehr gefragt.
"Die räumliche Nähe zu den Menschen bleibt wichtig", sagte Lämmlin. Dabei dürfe man aber nicht nur die Pastorinnen und Pastoren im Blick haben. Wichtig sei es, Ehrenamtliche noch stärker zu fördern. In multiprofessionellen Teams sollten sie ebenso gleichberechtigt mit einbezogen werden, wie Pädagoginnen, Kirchenmusiker oder auch Mitarbeitende im Pflegebereich.