Brüssel, Luxemburg (epd). Der Generalanwalt am Europäischen Gerichtshof (EuGH) sieht die Unterbringung von Asylbewerbern in der sogenannten Transitzone des ungarischen Röszke als Haft an und geht damit auf Distanz zum Europäischen Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR). Die Einschränkungen der Bewegungsfreiheit und die Isolierung liefen auf eine Inhaftierung hinaus, argumentiert der Generalanwalt in einem am Donnerstag in Luxemburg verabschiedeten Gutachten. Anlass ist der Fall zweier Iraner und zweier Afghanen. Sie kamen 2018 und 2019 über Serbien nach Ungarn, beantragten Asyl und harren seither in dem direkt an der Grenze gelegenen Lager aus. (AZ: C-924/19 PPU and C-925/19)
Die Haft wird laut Generalanwalt nicht durch die Möglichkeit aufgehoben, dass die Asylbewerber das Lager Richtung Serbien verlassen könnten. Denn dies sei legal nicht möglich, da Serbien die Menschen auch nicht aufnehmen wolle. Die Inhaftierung widerspricht dem Generalanwalt zufolge dem EU-Recht.
Der Gutachter des Gerichtshofs der Europäischen Union nimmt damit eine andere Position ein als der EGMR, welcher zum Straßburger Europarat gehört, einem anderen Staatenbund. Der EGMR urteilte in einem anderen Fall im November 2019, dass bei der Unterbringung in Röszke kein Freiheitsentzug vorgelegen habe. Vor allem machten die Richter geltend, dass die Betroffenen sich aus freien Stücken in das Lager begeben und die tatsächliche Möglichkeit gehabt hätten, es - nach Serbien - zu verlassen.
Das EuGH-Gutachten verneint im Übrigen, dass Ungarn die Asylanträge der vier Bewerber als unzulässig ablehnen dürfe, weil sie über das aus Ungarns Sicht sichere Transitland Serbien kamen. Der EuGH muss sich bei seinem Urteil nicht an das Gutachten halten, er folgt seinen Generalanwälten aber oft.