"Wir appellieren an die Bundesregierung, dieser Lösung nicht länger im Weg zu stehen und jene Staaten, die Corona-Bonds bislang ablehnen, zu überzeugen, ihre Haltung aufzugeben", heißt es in einem in Hannover veröffentlichten Appell des Sozialwissenschaftlichen Instituts der EKD für eine solidarische und nachhaltige Bewältigung der wirtschaftlichen Folgen der Corona-Krise in Europa.
Die besonders von der Krise betroffenen Staaten seien ohne Schuld in eine besonders herausfordernde Lage geraten, heißt es in dem Papier. Es sei Aufgabe einer gemeinschaftlichen europäischen Politik, sie bei der Bewältigung der Krisenfolgen zu unterstützen. Die Bundesregierung solle die europäische Krisenbewältigung wirtschaftlicher Folgelasten der Corona-Krise ebenso entschlossen vorantreiben "wie die nationalen Anstrengungen bisher", erklärte Instituts-Direktor Georg Lämmlin. Die Beseitigung von Zweifeln an der Stabilität des gesamtwirtschaftlichen Gefüges sei Kern der innerdeutschen Krisenpolitik, deshalb sei ein solches Vorgehen auch für Europa der richtige Weg.
Ökonomisch vernünftig
Da die Ausgabe von Corona-Bonds an die Lasten der Corona-Krise gebunden sei, werde damit kein Instrument geschaffen, das langfristig zu einer Vergemeinschaftung von Schulden führt, heißt es in dem Papier. Europäische Corona-Bonds seien außerdem ökonomisch vernünftig, denn "dadurch würden Unsicherheiten in der Realwirtschaft und im Finanzsystem beseitigt und die Handlungsfähigkeit europäischer Entscheidungsträger gestärkt", so die Autoren - neben Lämmlin der Ökonom Andreas Mayert.
Masseninsolvenzen ansonsten gesunder Unternehmen könnten damit verhindert werden: "Für die am stärksten betroffenen Staaten wäre damit ein weiteres verlorenes Jahrzehnt, geprägt von Massenarbeitslosigkeit und Perspektivlosigkeit, abgewendet." Die Ermöglichung von europäischen Corona-Bonds würde zudem den Aufbau von Gesundheitssystemen mit ausreichenden Test- und klinischen Reservekapazitäten in der gesamten EU unterstützen und auf diese Weise eine verantwortungsvolle und aufeinander abgestimmte Rückkehr des wirtschaftlichen Lebens ermöglichen.
"Wenigstens dieses eine Mal würde weitsichtige Europapolitik nationale Egoismen überwinden. Besteht Europa diesen Test hingegen nicht, wird es womöglich keine weitere Gelegenheit geben, europäische Einheit und Geschlossenheit unter Beweis zu stellen", warnte das Sozialwissenschaftliche Institut der EKD, das aktuelle Entwicklungen in Kirche und Gesellschaft erforscht und begleitet.