Zwei Wochen nach dem Aufruf, Pflegebedürftigen einen Brief zu schreiben, sei die Bilanz durchweg positiv, sagte Ketzer, Pflegefachkraft im Ambulanten Pflegedienst des Pflege- und Gesundheitszentrums des Diakonischen Werks, dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Viele Kunden reagieren gerührt, manche sind richtig begeistert," berichtete Ketzer.
Insgesamt gingen in den ersten beiden Wochen der Aktion 120 Briefe von 77 Absendern ein. Die Diakonie hatte die "Wortspenden"-Aktion gestartet, um für ältere, pflegebedürftige Menschen während der Zeit der Corona-Ausgangssperre Kontaktmöglichkeiten zu schaffen. Die Briefe werden von den Diakonie-Pflegekräften zu den Patienten mitgenommen und teilweise auch vorgelesen.
"Manche unserer Kunden sehen nur uns Pfleger einmal am Tag", berichtete Ketzer. "Deshalb ist es auch für uns Pfleger entlastend, wenn wir den Menschen in dieser Zeit etwas Positives mitbringen können." Die Absender sind aufgerufen, die Umschläge mit groben Themen-Stichworten zu versehen, so dass die Pflegefachkräfte den passenden Empfänger auswählen können. Zum Teil hätten ältere Menschen geschrieben, die selbst noch gesund und mobil seien, beobachtete Ketzer, die einigen ihrer Kunden Briefe vorlas. Es seien aber auch eine Reihe jüngere Briefeschreiber dem Aufruf gefolgt.
"Ich habe mich gewundert, wie fantasievoll die Menschen geschrieben haben", berichtete die Pflegefachkraft. Viele Absender hätten darüber berichtet, wie sie die Corona-Krise erleben und empfinden. "Das war aber immer mit einer positiven Sicht verbunden", stellte Ketzer fest. So hätten die Schreiber zum Beispiel festgestellt, dass sie nun mehr Zeit hätten, zur Ruhe zu kommen oder die Krise als Chance für künftige gesellschaftliche Entwicklungen begriffen. Eine Absenderin habe etwa selbst geschriebene Kurzgeschichten geschickt, eine alleinerziehende Mutter habe ihren Alltag im Homeoffice zusammen mit ihrem Sohn geschildert.
Alle Absender seien auch auf die Situation der Pflegebedürftigen eingegangen, die in dieser Zeit weniger Kontakte hätten, weil sie zur Risikogruppe gehören. Bemerkenswert sei auch, dass viele Schreiber ihre Briefe am Computer mit besonders großer Schrift erstellt hätten, damit sie besser lesbar seien, sagte Ketzer. Die Empfänger seien so gerührt gewesen, dass alle auf die Briefe reagieren und sich bedanken wollten. "Es kann auch sein, dass auf diese Weise längerfristige Briefkontakte entstehen", sagte Ketzer. Die Aktion sei allerdings nicht gedacht, um persönliche Besuche oder soziale Betreuung zu vermitteln.
Nach den ersten positiven Erfahrungen mit den "Wortspenden" wünscht sich Ketzer, dass die Aktion auch nach der Corona-Krise wiederholt wird. "Man sollte das zu bestimmten Anlässen im Jahr stattfinden lassen, vielleicht zu Weihnachten in der dunklen Jahreszeit."