Griechenland will Migranten in die Türkei abschieben

Griechenland will Migranten in die Türkei abschieben
Griechenland bleibt hart: Aufgegriffene Flüchtlinge aus der Türkei sollen zurückgeschickt werden. Dass sie keinen Asylantrag stellen können, kritisiert "Pro Asyl" als "menschenrechtlichen Dammbruch".

Frankfurt a.M. (epd). Die griechischen Behörden wollen auf Lesbos festgehaltene Migranten zurück in die Türkei abschieben. Wie die "Welt am Sonntag" berichtet, geht dies aus einem der Zeitung vorliegenden Dokument hervor, das den Menschen im Hafen von Mytilini ausgehändigt wurde. Darin wird ihnen von der Polizeidirektion Lesbos mitgeteilt, dass sie auf einer Liste von "unerwünschten Migranten" stünden und daher abgeschoben werden würden. "Pro Asyl" wirft Griechenland vor, im Umgang mit Flüchtlingen den Rechtsstaat außer Kraft zu setzen.

Dem Schreiben zufolge haben die Personen sechs Monate Zeit, bei der Identitätsfeststellung mitzuwirken; solange sollen sie inhaftiert bleiben. Sofern sie nicht kooperieren, würden sie ein weiteres halbes Jahr in Haft bleiben. Auf Anfrage der "Welt am Sonntag" bestätigte Manos Logothetis, Sekretär für die Ernstaufnahme von Migranten im griechischen Innenministerium, die Echtheit des Schreibens. Die Frage, ob die Türkei die Menschen wieder zurücknehme, beantwortete er nicht. Seinen Angaben zufolge würden zunächst die etwa 500 im Hafen von Mytilini festgehaltenen Migranten in ein geschlossenes Lager auf dem Festland gebracht. Auch die rund 1.000 Menschen, die auf anderen Inseln in der Ostägäis festsitzen, sollen dorthin verlegt werden.

Nach der Ankündigung der Türkei, Migranten auf dem Weg in die Türkei nicht mehr aufzuhalten, hatte Athen entschieden, das Asylrecht für maximal 30 Tage außer Kraft zu setzen. Migranten, die in dieser Zeit illegal nach Griechenland einreisen, sollen keinen Asylantrag stellen dürfen und zeitnah abgeschoben werden.

Die Flüchtlingshilfeorgansiation "Pro Asyl" kritisierte am Samstag das "skandalöse Schweigen der EU-Innenminister zum Rechtsbruch in Griechenland". Auf der Insel Lesbos würden seit Tagen 500 Flüchtlinge auf einem Kriegsschiff unter unmenschlichen und erniedrigenden Bedingungen festgehalten, denen der Zugang zu einem Asylverfahren verwehrt werde. Unter ihnen seien viele Familien mit kleinen Kindern. Ihnen drohe nun die Zurückschiebung in die Türkei. Das Schweigen der EU sei ein "menschenrechtlicher Dammbruch", sagte "Pro Asyl"-Geschäftsführer Günter Burkhardt.

Griechenland lässt seit dem 1. März keine Asylanträge mehr zu. Das Land machte seine Grenzen dicht, nachdem der türkische Präsident Erdogan sie für offen erklärt hatte und Tausende Flüchtlinge aus der Türkei sich zur griechisch-türkischen Grenze aufgemacht hatten, um nach Europa zu gelangen.

Caritas-Präsident Peter Neher begrüßte unterdessen die Entscheidung einiger EU-Länder vom Freitag, insgesamt 1.600 geflohene Kinder und Jugendliche von den griechischen Lagern aufzunehmen. Die Zahl sei jedoch angesichts der unerträglichen Zustände auf den griechischen Inseln viel zu niedrig gegriffen. Die katholische Hilfsorganisation forderte weiterhin die Aufnahme von besonders schutzbedürftigen Menschen, unbegleitete Minderjährige, Kinder und ihre Familien, Schwangere und Schwerkranke. Mehrere Kommunen und Organisationen hatten ihre Bereitschaft erklärt, Menschen aufzunehmen, "dies gilt es aufzugreifen."

epd rks