Annette Kurschus ist leitende Geistliche der viertgrößten deutschen Landeskirche mit knapp 2,2 Millionen Mitgliedern. Sie war die einzige Kandidatin. Als erste Frau war Kurschus 2011 zur westfälischen Präses gewählt worden. Seit 2015 ist die 56-Jährige auch stellvertretende Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Der rheinische Präses Manfred Rekowski gratulierte Kurschus und würdigte ihre theologische Kompetenz, die christliche Botschaft in der säkularen Gesellschaft situationsgerecht und verständlich darzulegen. Auch der EKD-Ratsvorsitzende Heinrich Bedford-Strohm beglückwünschte Kurschus und erklärte, für die gewinnende und überzeugende Art und Weise, mit der sie ihre Landeskirche, aber auch die gesamte evangelische Kirche repräsentiere, bedeute das gute Wahlergebnis einen kräftigen Rückenwind. "Unsere evangelische Kirche braucht Frauen wie Annette Kurschus in ihrer Leitungsebene."
In ihrer zweiten Amtszeit will sich die reformierte Theologin weiterhin aus christlicher Perspektive in gesellschaftliche Debatten einmischen, wo sie dies für geboten hält. Sie wolle ihr geistliches Amt "mit wachen Sinnen und mit offenem Gesicht in die Welt" ausüben. Innerkirchlich will sich Kurschus für schlankere und effizientere Strukturen einsetzen.
Sanierung von Pfarrhäusern
Die evangelische Kirche wird nach ihrer Einschätzung "in den nächsten Jahren eine noch stärker gefragte Größe in unserer Gesellschaft sein". Auch eine kleinere Kirche sei dafür da, "die Hoffnung lebendig zu halten in der Welt", sagte die Theologin. "Und diese Kraft braucht die Welt nötiger denn je."
Inhaltliche Akzente will die 56-Jährige unter anderem beim Klimaschutz setzen. "Wir werden zunächst vor der eigenen Haustür kehren und dafür Geld in die Hand nehmen", sage sie. Dabei gehe es etwa um alternative Formen dienstlicher Mobilität oder die umweltgerechte Sanierung von Pfarrhäusern und Kreiskirchenämtern.
Mutige Schritte nach vorn
Die künftige Kirche braucht nach Einschätzung der alten und neuen Präses "eine Durchmischung von Formen kirchlichen Lebens, bei dem manches Traditionelle neben dem Neuen bestehen bleibt". Gutes und Bewährtes müssten erhalten werden. "Es ist unser Auftrag, die Traditionen unserer Kirche und unseres Glaubens zu pflegen und zugleich mutig Schritte nach vorn zu gehen", sagte Kurschus. Sie sei überzeugt, dass Menschen die Kirche dafür gerade in Zeiten des schnellen Wandels schätzten und brauchten.
Ihr Ehrenamt als stellvertretende EKD-Ratsvorsitzende bezeichnete Kurschus als Privileg. Die Bereicherung sei ungleich größer als die Belastung. "Beispielsweise lassen die Besuche und Begegnungen in den östlichen Landeskirchen das eigene Tun in neuem Licht erscheinen und machen mir bewusst, wie reich wir beschenkt sind in unserer Kirche", sagte sie.
520 Millionen Euro Kirchensteuer erwartet
Nach dem Haushaltsbeschluss wird die viertgrößte EKD-Kirche im kommenden Jahr mit einem Gesamt-Etat von 340,3 Millionen Euro wirtschaften, das sind knapp sechs Millionen Euro weniger als in diesem Jahr. Dieser Haushalt enthält die Ausgaben für den EKD-Finanzausgleich, die Pfarrbesoldung, gesamtkirchliche Aufgaben und die unmittelbaren Aufgaben der Landeskirche. Aus Kirchensteuern erwartet die westfälische Kirche kommendes Jahr offiziell Einnahmen in Höhe von 520 Millionen Euro.
Nach einem weiteren Synodenbeschluss dürfen in der westfälischen Kirche künftig alle getauften Kinder das Abendmahl erhalten. Das Abendmahl kann nach der geänderten Kirchenordnung auch mit Traubensaft gefeiert werden - mit dieser Regelung wird die bereits gängige Praxis ins Kirchenrecht aufgenommen.