Entscheidende Hinweise auf die Identität des Toten hätten die gefundenen Textilien gebracht, sagte der wissenschaftliche Forschungsleiter Guido Faccani am Donnerstag bei der Vorstellung der Untersuchungsergebnisse. So seien Wollreste aus dem Grab als Bestandteile eines sogenannten Palliums identifiziert worden, mit dem die römischen Päpste ihre Erzbischöfe auszeichneten.
Außerdem habe der Verstorbene edle Schuhe aus feinem Ziegenleder getragen, wie sie auch andere Bischöfe besessen hätten. "Wir sind mitten in einem Indizienprozess, wo kleine Mosaiksteinchen das Ganze bilden", sagte Faccani. In dem geöffneten Sarkophag in der evangelischen Johanniskirche hatten die Forscher im Sommer viele Beigaben entdeckt, aber keinen Bischofsring oder eine Inschriftentafel, die für sofortige Klarheit gesorgt hätten. Die sterblichen Überreste des Bestatteten waren sehr schlecht erhalten, da der Leichnam mit Ätzkalk bedeckt worden war.
Daher fanden sich nur noch Spuren des Skelettes, der Schädel hingegen war fast komplett aufgelöst worden. Die Konstanzer Anthropologin Carola Berszin konnte den Toten dennoch als 40- bis 60-jährigen Mann identifizieren, der vermutlich an Wohlstandskrankheiten wie Fußgicht litt. Die Ergebnisse einer DNA-Analyse, die Auskunft über die Geburtsregion des Toten geben könnte, stehen noch aus.
Da das Sterbedatum des Toten mit einer C14-Altersbestimmung auf den Zeitraum zwischen 950 und 1050 eingegrenzt werden konnte, steht für die Forschergruppe nun fest, dass in dem Sarkophag tatsächlich der 1021 verstorbene Erzbischof Erkanbald bestattet wurde - die Grabstätten seiner Vorgänger und Nachfolger sind bekannt. Erkanbald selbst soll schriftlichen Quellen zufolge in seiner Bischofskirche bestattet worden sein. "Wir sitzen hier in der Kirche, die bis 1036 die Kathedrale von Mainz war", erklärte Faccani.
Mit den neuen Forschungserkenntnissen kann als gesichert gelten, dass die Johanniskirche der Vorgängerbau des benachbarten weltberühmten Mainzer Martinsdoms ist. "Zwei Dome in direkter Nachbarschaft - das soll den Mainzern erst einmal einer nachmachen", sagte der evangelische Mainzer Dekan Andreas Klodt. Der Sarkophag war 2017 im Zuge archäologischer Ausgrabungen entdeckt worden. Bei den jahrelangen Grabungen konnte bereits der Nachweis erbracht werden, dass es sich bei St. Johannis um eine der ältesten Kirchen Deutschlands handelt, deren Wände teilweise aus rund 1.500 Jahre altem Mauerwerk bestehen.