Zum 30. Jahrestag von friedlicher Revolution und Mauerfall hat der Evangelische Kirchenkreis Tempelhof-Schöneberg ein Videoprojekt mit Zeitzeugen gestartet. Unter der Moderation der 32-jährigen Pfarrerin Theresa Brückner schildern in elf Videos unbekannte und prominente Zeitzeugen ihre Erlebnisse aus und über die Zeit vor 30 Jahren, wie der Kirchenkreis mitteilte.
Zu Wort kommen unter anderem der frühere Regierende Bürgermeister Walter Momper (SPD), der Berliner Diktaturbeauftragte Tom Sello, der Filmemacher Aram Radomski, der gemeinsam mit Siegbert Schefke am 9. Oktober 1989 die entscheidende Leipziger Montagsdemo heimlich filmte und der heutige Superintendent des Kirchenkreises, Michael Raddatz, der als junger Mann Druckmaschinenteile für die Umweltbibliothek nach Ost-Berlin schmuggelte.
Zeichen gegen Revisionismus
Die Videos werden in den kommenden elf Wochen immer donnerstags auf den Social-Media-Kanälen der Konrad-Adenauer-Stiftung, die das Projekt finanziell förderte, und den Kanälen von Brückner (#theresaliebt) auf Youtube, Facebook, Instagram und Twitter online gestellt. Im letzten Video am 9. November befragt die in Ost-Berlin aufgewachsene Brückner ihre eigenen Eltern zu ihren Erinnerungen an den Tag des Mauerfalls.
Die sozialen Medien und besonders YouTube seien für junge Menschen erste Anlaufstelle und Informationsquelle, sagte Brückner, die in der Berliner Landeskirche Pfarrerin für Kirche im digitalen Raum ist. Deshalb dürfe gerade dort die Geschichte von friedlicher Revolution und Mauerfall nicht fehlen. In ihrer Familie sei immer viel über das Thema gesprochen worden, sagte die Pfarrerin. Jetzt, 30 Jahre später werde deutlich, dass die Geschehnisse von damals keineswegs überall präsent seien. Dennoch wirke die Zeit noch in vielen Familien und Biografien nach. Deshalb sei es wichtig, dass Zeitzeuginnen und Zeitzeugen von damals die Möglichkeit haben zu berichten, wie sie den Herbst '89 erlebt haben. Das Videoprojekt sei so auch "ein klares Zeichen gegen Geschichtsrevisionismus", sagte Brückner.
In drei der elf Videos kommen auch Zeitzeugen aus West-Berlin zu Wort. "Als klassischer West-Berliner Kirchenkreis haben wir es uns zur Aufgabe gemacht, in unseren Videos auch die Perspektive West zu Wort kommen zu lassen", sagte Superintendent Michael Raddatz. Durch Partnerschaften zwischen Kirchengemeinden habe es schon vor 1989 viele persönliche Kontakte zwischen Ost und West gegeben, die auch nach 1989 zum friedlichen Zusammenkommen der beiden Teile Deutschlands beigetragen hätten.
Die Konrad-Adenauer-Stiftung unterstütze das Videoprojekt, weil es einen Beitrag leiste zum Wachhalten der Erinnerung an den Mut der vielen einzelnen Menschen, sagte der Leiter der Hauptabteilung Kommunikation bei der Stiftung, Dominik Grobien. Nur wenn die nachfolgenden Generationen die Vergangenheit kennen würden, könnten sie entscheiden, "was es zu verhindern und was es zu bewahren gilt".