Luxemburg (epd). Stacheln frei empfangbare Fernsehkanäle in ihrem Programm zum Hass auf, dürfen sie ins Bezahlfernsehen verbannt werden. Eine solche Sendebeschränkung sei aus Gründen der öffentlichen Ordnung zulässig und verstoße nicht gegen EU-Recht, urteilte am Donnerstag der Europäische Gerichtshof (EuGH) in Luxemburg. (AZ: C-622/17)
Das in London ansässige Unternehmen Baltic Media Alliance (BMA) hatte gegen die litauische Medienaufsicht geklagt. Die BMA strahlt den Fernsehkanal NTV Mir Lithuania aus. Die Sendungen sind meist in russischer Sprache und richten sich an die in dem baltischen Land lebende russische Minderheit.
Die litauische Radio- und Fernsehkommission verfügte im Mai 2016, dass NTV Mir Lithuania für zwölf Monate nur noch im Bezahlfernsehen und nicht mehr frei empfangbar ausgestrahlt werden darf. Die Behörde begründete dies damit, dass der Fernsehkanal in seinem Programm zu Feindseligkeit und Hass aufstachele und das gegen litauisches Recht verstoße.
Sie warf dem Sender vor, gezielt Propagandatechniken einzusetzen, um die litauische Gesellschaft zu spalten. Konkret bemängelte die Behörde aus ihrer Sicht suggestive Falschinformationen zur Kollaboration von Litauern und Letten beim Holocaust und zu einer angeblichen nationalistischen und neonazistischen Innenpolitik, die die russischen Minderheiten in den baltischen Staaten bedrohe.
Die BMA sah in der Verfügung, für zwölf Monate nur noch im Bezahlfernsehen senden zu dürfen, einen Verstoß gegen die EU-Richtlinie über audiovisuelle Mediendienste. Diese gewährleiste den freien Empfang ihres Fernsehkanals.
Doch die angeführte Richtlinie greift nicht, urteilte der EuGH. Denn der Fernsehkanal könne ja weiter empfangen werden, wenn auch nur im Bezahlfernsehen. Ein EU-Mitgliedstaat dürfe aus Gründen der öffentlichen Ordnung wie der Bekämpfung der Aufstachelung zu Hass solche Sendebeschränkungen in nationalem Recht festlegen, hielt der Gerichtshof fest. In Luxemburg vorgelegt hatte den Fall das Verwaltungsgericht der litauischen Hauptstadt Vilnius.