München (epd). Kirchentagspräsident Hans Leyendecker hält es für notwendig, dass politische Talksendungen auch AfD-Vertreter zu Wort kommen lassen. Eine Talkshow sei kein Kirchentag, schreibt Leyendecker in einem Beitrag für die "Süddeutsche Zeitung" (Mittwoch): "Eine Talkshow, die niemals einen Vertreter der größten Oppositionspartei einladen würde, wäre eine noch komischere Veranstaltung, als sie es in den Augen vieler Kritiker ohnehin schon ist." Der Journalist äußert sich in dem Beitrag zu der Debatte um die Einladung des AfD-Politikers Uwe Junge in die ARD-Sendung "Hart aber fair" am Montag.
Der Auftritt Junges in der Talkrunde mit dem Titel "Aus Worten werden Schüsse - wie gefährlich ist rechter Hass?" hatte für heftige Kritik gesorgt. Zuschauer warfen Moderator Frank Plasberg in sozialen Netzwerken vor, Äußerungen des rheinland-pfälzischen AfD-Vorsitzenden nicht kritisch genug hinterfragt zu haben. "Heutzutage verspricht schon die bloße Ankündigung des Auftritts eines AfD-Vertreters Aufmerksamkeit, auch solche, die sich in Klickzahlen bemisst", schreibt Leyendecker. So sei es auch im Fall Junges gewesen.
Das von Leyendecker geleitete Präsidium hatte entschieden, zum 37. Deutschen Evangelischen Kirchentag in Dortmund Mitte Juni keine AfD-Politiker auf Podien einzuladen. Der Talk habe jedoch nicht diesselben Freiheiten wie andere Bühnen, betont der frühere Leiter des Investigativressorts der "Süddeutschen Zeitung".
Die Talkshow von Plasberg und die anschließenden Rechtfertigungsstrategien hätten aber gezeigt, wie wichtig es sei, nach einer Einladung den richtigen Umgang zu finden. Das "Gewese um die AfD" verstelle in der Sendung meist den Blick auf die anderen Diskutanten, kritisiert Leyendecker. Eine Sendung mit fünf Diskutanten sei dann keine Sendung mit fünf Gästen mehr. Die Aufmerksamkeit des Moderators beschränke sich auf den einen Gast. Dass Plasberg sich mit den Worten "Ich hoffe, Sie hatten nicht den Eindruck, an einem Tribunal teilgenommen zu haben" an Junge gewandt habe, verdeutliche das Problem.
Die Sendung wird am Freitag voraussichtlich auch den WDR-Rundfunkrat beschäftigen. "Ich gehe sehr stark davon aus, dass das Thema in der Sitzung angesprochen wird", sagte Claudia Reischauer, die Geschäftsführerin des Kontrollgremiums, dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" (RND). An der Talkrunde hatten neben Junge die Grünen-Politikerin Irene Mihalic, der nordrhein-westfälische Innenminister Herbert Reul (CDU), der Rechtsanwalt Mehmet Daimagüler und der Journalist Georg Mascolo teilgenommen.