Der eine Fall betraf eine evangelisch-lutherische und der andere eine reformierte Gemeinde in Rumänien. Sie hatten laut EGMR nichts miteinander zu tun und wurden nur wegen ihrer Ähnlichkeit in Straßburg zusammen behandelt. Die Männer wurden nach vermeintlichen Disziplinarverstößen beziehungsweise Streitigkeiten von ihren jeweiligen Kirchen entlassen und ersetzt. Mit einem Teil der Gemeinde begingen sie aber, so lauteten die Vorwürfe in Rumänien, weiter Gottesdienste und feierten Hochzeiten, Taufen und Begräbnisse.
Wegen unrechtmäßiger Ausübung geistlicher Pflichten wurden beide Männer von der rumänischen Justiz verurteilt. Einer erhielt eine Geldstrafe von umgerechnet knapp tausend Euro, der andere sogar eine Haftstrafe, die eine höhere Instanz allerdings zur Bewährung aussetzte.
Der EGMR urteilte nun, dass die Prozesse in Rumänien zwar ein legitimes Ziel verfolgt hätten, nämlich den Schutz der Rechte der fraglichen Kirchen und Gemeinden. Zugleich bekräftigte er aber seine frühere Rechtsprechung. Danach sei die Bestrafung einer Person für die bloße Tätigkeit als religiöser Führer einer ihm freiwillig folgenden Gruppe mit dem religiösen Pluralismus einer Demokratie unvereinbar. Mit Blick auf mögliche soziale Verwerfungen urteilte der EGMR, dass die Spaltungen der Gemeinden keine Spannungen oder Konfrontationen hervorgerufen hätten, die staatliches Eingreifen erforderten.