Dabei gehe es vor allem auch um Kultur. Der Protest von Anhängern der rechtspopulistischen Parteien richte sich etwa gegen den seit den 1970er Jahren vollzogenen Wertewandel, etwa gegen "Diversity", "Gender" und "Ehe für alle".
Wer gibt den Ton an
Allerdings seien kulturelle und ökonomische Positionen nicht wirklich zu trennen, betont die Expertin. Koppetsch: "Kulturkonflikte sind zugleich auch Herrschaftskonflikte. Das wird oft falsch verstanden: Kultur, da denkt man an 'weiche Themen' wie Sprache, Werte oder Brauchtum. In Wirklichkeit sind diese Themen alles andere als weich, denn es geht am Ende darum, wessen Werte gelten sollen, wer in der Gesellschaft den Ton angibt, wer die Spielregeln festlegt."
Anfällig für rechtspopulistische Positionen seien vor allem solche Menschen, deren soziale Anwartschaften entwertet wurden oder die Geltungsverluste hinnehmen mussten. Derartige Verluste seien nicht notwendig durch sozioökonomische Abstiege bedingt, sie können auch durch Modernisierungsschübe verursacht worden sein. So erkläre sich auch die Gegnerschaft zu kosmopolitischen Klassen, die als Globalisierungsgewinner verstanden werden können.
Angst um den sozialen Status
Insgesamt, so die Soziologieprofessorin, handele es sich bei den Anhängern rechtspopulistischer Positionen um eine relativ breite Gruppe, die um ihren sozialen Status fürchtet. Koppetsch zählt dazu "die konservative Oberschicht, die traditionelle Mittelschicht, die früher die bundesrepublikanische Normalität definierte und durch den Aufstieg urban-akademische Mittelschichten nun ihren kulturellen Alleinvertretungsanspruch schwinden sieht". Aber auch eine ökonomisch benachteiligte, prekäre Schicht, die zum Beispiel den deindustrialisierten Zonen in Sachsen-Anhalt oder dem Ruhrgebiet entstammt. Eine gemeinsame Klammer der unterschiedlichen Anhängermilieus der AfD bilde die Ablehnung einer liberalen Migrations- und Flüchtlingspolitik.