Wirkungsvolle Prävention brauche immer Aufarbeitung, sagte sie am Dienstag vor der Synode der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) in Würzburg. Man müsse verstehen, wie ein Umfeld entstehe, in dem Grenzen missachtet werden und Täter ihr System etablieren.
In einer eindringlichen Rede forderte Fehrs Kirchenleitende dazu auf, sich auch emotional der Schuld der ganzen Institution Kirche beim Missbrauch zu stellen. Sexualisierte Gewalt löse den menschlichen Reflex aus, sich damit nicht befassen zu wollen. "Aber diesen Widerstand zu überwinden ist unabdingbar, gerade doch zum Schutz vor weiterem Leid", sagte die Theologin und ergänzte: "Eine Kirche, die solcher Gewalt nicht wehrt, ist keine Kirche mehr."
"Evangelisches Muster" erkennbar
Fehrs sagte, bei Fällen von Missbrauch in der evangelischen Kirche werde bei aller Individualität ein "evangelisches Muster" erkennbar, "begünstigende Faktoren in der evangelischen Kirche, die den Tätern zuspielen". Sie verwies auf Machtstrukturen, die falsch verstandene Reformpädagogik ab den 70er Jahren und eine unscharfe Trennung von dienstlichen und privaten Verhältnissen.
Fehrs ist Mitglied und derzeit Sprecherin des fünfköpfigen Beauftragtenrats, den die 20 evangelischen Landeskirchen zum Thema Missbrauch einberufen haben. Ausgehend von einem Hearing in diesem Sommer, bei dem Betroffene über Missbrauch in der katholischen und evangelischen Kirche berichteten, waren Rufe nach größeren Aufarbeitungsbemühungen auch bei den Protestanten lauter geworden.
Der Zusammenschluss der Landeskirchen hat in Würzburg beschlossen, zwei Studien zur Aufklärung des Dunkelfelds und von Risikofaktoren zu beauftragten. Diakonie-Präsident Ulrich Lilie sagte dem epd, auch für den evangelischen Wohlfahrtsverband müsse es eine eigene Aufarbeitung geben. Bei den unabhängigen Aufarbeitungskommissionen, die 10 der 20 Landeskirchen eingerichtet haben, wurden bislang 479 Fälle gemeldet. Zwei Drittel davon betreffen Fehrs zufolge Heimkinder, damit also den Bereich der Diakonie. Die evangelische Kirche will zudem eine zentrale Anlaufstelle für Betroffene einrichten.