Das Bundestag hat am Freitag das erste von mehreren Gesetzen verabschiedet, die die Arbeitssituation der Pflegekräfte in Deutschland verbessern sollen. Pflegeverbände und Anbieter reagierten verhalten positiv. Von der Dienstleistungsgewerkschaft ver.di kam Kritik.
Bundesgesundheitsminister Jens Spahn (CDU) und der Vize-Fraktionsvorsitzende der SPD, Karl Lauterbach, warben im Bundestag für die aus ihrer Sicht wichtigste Reform in der Pflege seit 15 Jahren, so Lauterbach. Die Opposition zeigte sich skeptisch. Die Linksfraktion und die Grünen warnten vor unerwünschten Folgen für die Altenpflege.
Umstellung der Finanzierung der Pflege in den Krankenhäusern
Herzstück des Gesetzes ist eine Umstellung der Finanzierung der Pflege in den Krankenhäusern. Von 2020 an wird die Vergütung für Pflegekräfte nicht mehr im Rahmen der Fallpauschalen abgerechnet. Der SPD-Gesundheitsexperte Lauterbach sagte, der Pflege habe die Einführung der Fallpauschalen am meisten geschadet. Durch den wirtschaftlichen Druck habe die Qualität, und die Zufriedenheit mit dem Beruf abgenommen, ebenso wie die Bereitschaft, den Pflegeberuf zu ergreifen.
Künftig werden allen Kliniken sämtliche Aufwendungen für Pflegekräfte am Patientenbett voll vergütet. Im Vorgriff gilt das ab 2019 für jede Stellenaufstockung oder neu eingestellte Pflegekraft, Tarifsteigerungen werden schon von diesem Jahr an refinanziert. Ziel ist, dass nicht mehr zu Lasten der Pflege an Personalkosten gespart wird. Auch die Ausbildung wird besser finanziert. Die Träger bekommen die Kosten für das erste Ausbildungsjahr erstattet.
Arbeitsbedingungen müssen besser werden
Spahn unterstrich: "Wir müssen in der Pflege Vertrauen zurückgewinnen." Er warf der Opposition vor, die Reform kleinzureden: "Nur wenn wir die Arbeitsbedingungen verbessern, können wir Menschen dazu motivieren, in die Pflege zu gehen", sagte der Gesundheitsminister.
Altenheime und Pflegedienste sollen Zuschüsse bis zu 12.000 Euro bekommen, wenn sie in die Digitalisierung investieren, um die Pflegekräfte von Verwaltungsaufgaben zu entlasten. Weitere Schritte würden folgen, sagte Spahn. Die Koalition arbeite jetzt daran, die Bezahlung in der Altenpflege zu verbessern.
Die Grünen und die Linksfraktion begrüßten die Verbesserungen für die Krankenpflege. Die komplette Refinanzierung sei gut, betonte der gesundheitspolitische Sprecher der Linksfraktion, Harald Weinberg. Das hätten die Beschäftigten durch ihre Proteste auch selbst erkämpft.
Notsituation in der ambulanten Pflege
Das Gesetz verstärke aber die Schieflage zwischen Kranken- und Altenpflege, monierten Linke und Grüne. Angesichts eines leer gefegten Arbeitsmarkts sei zu befürchten, dass weitere Pflegekräfte aus der Altenpflege in die Kliniken abwanderten. In der ambulanten Pflege habe man schon heute eine Notsituation, sagte die Pflegepolitikerin der Grünen, Kordula Schulz-Asche. In vielen Regionen würden Patienten abgewiesen. In der Pflege fehlen - nach unterschiedlichen Schätzungen - zwischen 50.000 und 100.000 Pflegekräfte.
Für den Löwenanteil der zu erwartenden Ausgaben kommen die Krankenkassen auf. Sie finanzieren über ein Sofortprogramm auch die 13.000 zusätzlichen Stellen in den Altenheimen, die Spahn bereits kurz nach seiner Berufung zum Gesundheitsminister angekündigt hatte, 5.000 mehr als im Koalitionsvertrag vorgesehen.
Die Gewerkschaft verdi kritisierte, das Gesetz bleibe Stückwerk. Der tatsächliche Personalbedarf in der Pflege werde nicht ermittelt. Fachkräfte könnten aber nur gewonnen werden, wenn deren Belastung reduziert werde, erklärte Sylvia Bühler vom Bundesvorstand. Diakonie, Caritas und die kirchlichen Altenpflegeverbände würdigten die Stellenaufstockung in den Altenheimen und die höhere Vergütung der häuslichen Krankenpflege. Beides seien gute Schritte. Die Kosten dürften aber nicht zu Lasten der Pflegebedürftigen gehen, erklärte Caritas-Präsident Peter Neher.