Deutsche Kulturinstitutionen setzen Zeichen gegen rechts

Demonstration gegen Rechts
Foto: Christoph Soeder/dpa
In einer "Erklärung der Vielen" setzen sich jetzt zahlreiche Berliner Kultureinrichtungen ebenfalls gegen ein Abdriften der Gesellschaft nach Rechts ein.
Deutsche Kulturinstitutionen setzen Zeichen gegen rechts
Mit einer "Erklärung der Vielen" haben führende deutsche Kulturinstitutionen am 9. November ein Zeichen für die Kunstfreiheit und gegen einen erstarkenden Rechtspopulismus gesetzt. "Kunst und Kultur müssen frei und kritisch bleiben können", sagte der Geschäftsführer des Deutschen Kulturrats, Olaf Zimmermann, am Freitag in Berlin: "Wir müssen Solidarität zeigen, wenn Kunst, Kultur und Künstler sich bedrängt fühlen." Rechtspopulisten übten besonders auf kleinere Stadttheater oder regionale Kulturinstitutionen Druck aus. Die Erklärung unterzeichneten bundesweit rund 300 Einrichtungen, darunter namhafte Theater, Museen und Festivals.

Allein in Berlin schlossen sich mehr als 140 Kultureinrichtungen der neuen Initiative "Die Vielen" an. Neben dem Kulturrat sind auch die Akademie der Künste, die Deutsche Oper und der Friedrichstadt-Palast dabei. In Hamburg machen unter anderem das Thalia-Theater, die Elbphilharmonie und das Ohnesorg-Theater mit, in Nordrhein-Westfalen das Düsseldorfer Schauspielhaus und das Duisburger Wilhelm-Lehmbruck-Museum.

Derzeit würden sich weitere regionale Bündnisse bilden, sagte Holger Bergmann vom Verein "Die Vielen", der die Erklärung initiierte. So könnten sich künftig auch Theater, Orchester und andere Kulturinstitutionen aus kleineren Städten und Kommunen dieser Kunst-Initiative anschließen.

Freiheit der Kunst müsse verteidigt werden

Hintergrund ist den Angaben zufolge, dass sich immer mehr Kunstschaffende und Kulturinstitutionen bei ihrer Arbeit Drohungen von rechten oder rechtspopulistischen Anhängern ausgesetzt fühlen. Es gebe "die Notwendigkeit, die Freiheit der Kunst zu verteidigen gegen die Stimmen des Ausschlusses und der Hetze", sagte die Vizepräsidentin der Berliner Akademie der Künste, Kathrin Röggla. Mit dem durch die "Erklärung der Vielen" gebildeten Netzwerk wollen sich die Kulturschaffenden gemeinsam gegen Bedrängungen von rechts wehren, auch juristisch.

Die Kunst- und Kultureinrichtungen seien offene Räume, die vielen gehörten, heißt es in der "Erklärung der Vielen", die zeitgleich in Berlin, Hamburg, Düsseldorf und Dresden veröffentlicht wurde. Der rechte Populismus stehe einer "Kunst der Vielen" feindselig gegenüber. Für völkisch-nationalistische Propaganda gebe es keinen Platz in der Kultur.

Es sei Aufgabe der Kunst, unbequem zu sein und Positionen zu hinterfragen, sagte Amelie Deuflhard, Intendantin der Kulturfabrik Kampnagel in Hamburg. Die Freiheit der Kunst müsse gewahrt bleiben.

Menschen nicht von vornherein verurteilen

Nach Ansicht des Geschäftsführenden Direktors des Deutschen Bühnenvereins, Marc Grandmontagne, sollten sich Kulturinstitutionen gegen eine weitere Spaltung der Gesellschaft engagieren. Als öffentliche Orte hätten Theater, Orchester und andere auch eine politische Verantwortung, "den Dialog und die Brücke zu den Menschen zu suchen". So gebe es neben überzeugten Rechten auch Menschen, "die vielleicht frustriert und verzweifelt sind" und existenzielle Ängste haben. Diese Menschen sollten nicht von vornherein verurteilt werden, sagte Grandmontagne.

Der Generalintendant des Schauspielhauses Düsseldorf, Wilfried Schulz, betonte: "Kunst und Kultur stehen immer an der Seite der Opfer, der Verfolgten." Theater trainierten Empathie und forderten Besucher auf, sich zu positionieren, sagte Schulz bei der Vorstellung der "NRW-Erklärung der Vielen", mit der Kulturschaffende für mehr Solidarität plädieren.



Die Direktorin des Duisburger Lehmbruck-Museums, Söke Dinkla, verwies auf den 80. Jahrestag der NS-Pogromnacht von 1938: Zunehmende Intoleranz, Ausgrenzungen und Aggressivität von rechts erinnerten an die Zeit des Nationalsozialismus, sagte sie: "Gerade deshalb müssen wir als Kulturschaffende unsere Stimme lauter werden lassen und mit dafür sorgen, dass sich Geschichte nicht wiederholt."