Zu der Großdemonstration aufgerufen hatte das Bündnis "Unteilbar". Zahlreiche Parteien, Organisationen, Gewerkschaften, Initiativen, die Evangelische Kirche, Sozial- und Flüchtlingsverbände sowie Kulturschaffende unterstützten die Aktion. Das Motto lautete "Für eine offene und freie Gesellschaft - Solidarität statt Ausgrenzung".
Nach Angaben der Bündnisses "Unteilbar" wurden bis zum frühen Samstagnachmittag rund 150.000 Teilnehmer aus ganz Deutschland gezählt. Das waren deutlich mehr als die zuvor 40.000 erwarteten Menschen. Die Polizei sprach von "mehreren Zehntausend Teilnehmern" und verwies zugleich auf die Veranstalterangaben. Im Einsatz waren rund 900 Beamte. Die Großdemonstration sollte bis zum Abend dauern.
Im Aufruf des "Unteilbar"-Bündnisses hieß es: "Es findet eine dramatische politische Verschiebung statt: Rassismus und Menschenverachtung werden gesellschaftsfähig." Humanität und Menschenrechte, Religionsfreiheit und Rechtsstaat würden offen angegriffen. Gegen eine Einschränkung der Grund- und Freiheitsrechte gelte es sich zu wehren.
Unter anderen Bundesaußenminister Heiko Maas (SPD) unterstützte die Demonstration für ein weltoffenes und tolerantes Deutschland. "Eine Vielfalt der Herkünfte, Hautfarben, Religionen und Lebensstile ist für uns eine Bereicherung, keine Bedrohung", twitterte Maas. Gesellschaftlicher Zusammenhalt werde nicht durch Abgrenzung und Homogenität, sondern durch gleiche Freiheit für alle gesichert.
Trautwein: "Wir respektieren einander, wir brauchen einander, wir gehören zusammen"
Zum Auftakt der Großdemonstration verwies der Generalsekretär der deutschen Sektion von Amnesty International, Markus Beeko, auf die Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte, die vor fast 70 Jahren verabschiedet wurde. Die garantiere "jedem Menschen auf dieser Erde universelle und unteilbare Rechte", betonte Beeko und fügte hinzu: "Das Recht, zu denken und zu sagen, was man möchte; zu glauben, an wen man möchte; geschützt zu sein, vor Folter oder Verfolgung; zu heiraten, wen man liebt - was für eine große Idee!" Er würdigte die Tausenden Demonstranten, "die aus tiefer Überzeugung für eine freie und offene Gesellschaft einstehen". Künftig werde es aber darauf ankommen, dass alle täglich deutlich machen, "dass Menschenrechte und Menschenwürde die Grundlage unseres gesellschaftlichen Zusammenhalts sind".
Die Berliner Generalsuperintendentin Ulrike Trautwein betonte, dass Hass dem gesellschaftlichen Zusammenleben schade. Sie verwies auf die friedlichen Demonstrationen in Ostdeutschland im Herbst 1989. Der gemeinsame und erfolgreiche Ruf sei damals "Keine Gewalt" gewesen. "Das soll uns auch heute verbinden! Keine Gewalt!", sagte Trautwein. Sie verurteilte, dass Hass, Rassismus und Antisemitismus offensichtlich wieder salonfähig gemacht werden sollten. Sie betonte, die Menschen in Europa seien "unteilbar": "Wir respektieren einander, wir brauchen einander, wir gehören zusammen."