Die Kirche setze daher darauf, "Milieus in Beziehung zu setzen", die zumeist keinen Kontakt untereinander hätten, etwa Flüchtlinge und Bürger mit Angst vor Überfremdung, sagte Blöser, der im Zentrum Gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau seit einem Jahr als Projektreferent "Demokratie stärken" tätig ist. Protestwähler rechter Parteien wie der AfD seien aber durchaus zu erreichen.
Bereitschaft zum Dialog sei nicht vorhanden
Der Direktor der Evangelischen Akademie Hofgeismar, Karl Waldeck, bescheinigte der AfD, sie gehe von einem linken "politisch-publizistischen Komplex aus, den es mit einer friedlichen Revolution zu beseitigen" gelte. Bereitschaft zum Dialog sei dies nicht. Er frage sich allerdings, wie groß die Bereitschaft der Kirche sei, ihrer eigenen Empfehlung zum Diskurs zu folgen. An die leitenden Geistlichen der Kirchen appellierte Waldeck, Rechtspopulisten entschiedener als bisher entgegenzutreten, wenn diese sich als "Bewahrer christlicher Werte" präsentierten: "Da ist Widerspruch dringend erforderlich."
Öffentlicher Diskursraum und Bildungsarbeit fehlen
Der Züricher Professor für Praktische Evangelische Theologie, Thomas Schlag, bemängelte ein Versagen der liberalen Demokratie im Umgang mit Dissens: "Abweichenden Meinungen wird aus Gründen der Political Correctness kein öffentlicher Diskursraum gegeben." Davon profitierten Rechtspopulisten. Deren Klagen, sie würden nicht angehört, bezögen sich genau darauf. Kirchen und Theologie könnten dem mit öffentlicher Bildungsarbeit entgegenwirken. Sie dürften aber keine Deutungshoheit beanspruchen, warnte Schlag.
Aus katholischer Sicht wies der Berliner Moraltheologe Andreas Lob-Hüdepohl darauf hin, dass seine Kirche auch "Teil des Problems" Populismus sei. Zwar brandmarke die katholische Kirche Fremdenfeindlichkeit als unchristlich. Doch seit der Flüchtlingskrise 2015 "haben wir Gegenwind aus den eigenen Reihen", sagte er.