Das Verfahren ins Rollen gebracht hatte ein Mann aus Aserbaidschan, der Ende 2015 mit seiner Frau aus den Niederlanden ohne Ausweispapiere in die Bundesrepublik eingereist war. Er beantragte eine Aufenthaltsbefugnis aus humanitären Gründen und die Gewährung von Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.
Die Ausländerbehörde erteilte ihm befristete Duldungen, aktuell bis zum 6. September dieses Jahres. Bereits im Oktober 2016 diagnostizierten Ärzte bei dem im Landkreis Fulda lebenden 54-Jährigen eine chronische Hepatitis-C-Infektion und rieten zu einer antiviralen Therapie, die eine 90-prozentige Heilungschance eröffne.
Der Landkreis Fulda lehnte die Kostenübernahme jedoch mit der Begründung ab, dass das Asylbewerberleistungsgesetz restriktiv auszulegen sei und Leistungen bei Krankheit nur auf niedrigem Niveau erbracht werden sollten. Zudem sei der Mann zur Ausreise in die Niederlande verpflichtet.
Daraufhin beantragte der Aserbaidschaner vor dem Sozialgericht, den Landkreis Fulda zur Kostenübernahme zu verpflichten. Sein Gesundheitszustand habe sich weiter verschlechtert, er müsse dringend mit der gegen das Hepatitis-C-Virus gerichteten Therapie behandelt werden, argumentierte der Kläger.
Die Richter beider Instanzen gaben dem Mann Recht und verpflichteten den Landkreis, die Kosten der Therapie vorläufig zu übernehmen. Der geduldete Ausländer habe nach dem Asylbewerberleistungsgesetz Anspruch auf ärztliche Behandlung von akuten Erkrankungen. Darüber hinaus könnten Leistungen gewährt werden, wenn sie wie im vorliegenden Fall zur Sicherung der Gesundheit unerlässlich seien.
Der gesetzliche Begriff der unerlässlichen Leistung sei verfassungskonform auszulegen, argumentierten die Darmstädter Richter weiter. Das Grundgesetz gewähre einen Leistungsanspruch auf Sicherstellung eines menschenwürdigen Existenzminimums. Das erstrecke sich auch auf Gesundheitsleistungen. Bei der konkreten Ausgestaltung existenzsichernder Leistungen dürfe zudem nicht pauschal nach dem Aufenthaltsstatus differenziert werden, hieß es.