"Ich sehe nicht, dass die jetzt im Koalitionsausschuss getroffenen Vereinbarungen ein substanzieller Beitrag zu einem humanitären Umgang mit dem Weltproblem Flucht sind", sagte am Freitag der rheinische Präses Manfred Rekowski, Vorsitzender der Kammer für Migration und Integration der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD). Die Konzentration der politischen Diskussion auf den Umgang mit der "Sekundärmigration" innerhalb der EU habe zur Folge, "dass die existenzielle Not der Geflüchteten aus dem Auge verloren zu gehen droht".
Für Christen habe jeder Mensch dieselbe Würde, sagte der leitende Theologe der der Evangelischen Kirche im Rheinland dem Evangelischen Pressedienst (epd): "Deshalb kann es in der Flüchtlingspolitik nie nur um das deutsche oder das europäische Interesse gehen."
Die Spitzen der Koalition hatten sich am Donnerstagabend auf einen Kompromiss im Streit um Zurückweisungen und sogenannte Transitzentren geeinigt. Wie die SPD-Vorsitzende Andrea Nahles nach den Verhandlungen in Berlin mitteilte, soll ein beschleunigtes Verfahren für diejenigen etabliert werden, die in einem anderen EU-Land bereits einen Asylantrag gestellt haben. Bundesinnenminister Horst Seehofer (CSU) sprach von "Transitverfahren" für die sogenannten Dublin-Fälle. Es gehe um Verfahren "in Einrichtungen der Polizei", die innerhalb von 48 Stunden abgeschlossen sein sollen.
Nahles und Vizekanzler Olaf Scholz (SPD) betonten, dass die geplanten direkten Zurückweisungen nur auf Grundlage bilateraler Abkommen mit den betreffenden EU-Staaten stattfinden sollen. Bislang gibt es solche Abkommen nicht. Erste Gespräche mit Ungarn und Österreich waren am Donnerstag ergebnislos zu Ende gegangen. Beschleunigte Asylverfahren gibt es bislang für Menschen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten.