Der Sprecher der Diakonie, Georg Borngässer, bestätigte dem Evangelischen Pressedienst (epd) am Mittwoch einen entsprechenden Bericht des Bayerischen Rundfunks. Der Leiter der betroffenen Einrichtung, des Auhofs in Hilpoltstein, und er selbst hätten sich bei dem Opfer für das Vergehen inzwischen entschuldigt, sagte Borngässer. "Es ist beschämend, was da passiert ist." Der beschuldigte Arzt ist inzwischen gestorben.
Borngässer kündigte an, von einem unabhängigen Wissenschaftler Vorgänge und Erziehungsmethoden in den Behinderteneinrichtungen der Rummelsberger Diakonie von 1950 bis 1980 untersuchen zu lassen. Er wage nicht, weitere Medikamententests auszuschließen, sagte er. Allerdings hätten die Rummelsberger Akten von betreuten Kindern und Jugendlichen nach 30 Jahren vorgeschriebener Aufbewahrungszeit vernichtet.
Der Bayerische Rundfunk berichtete, dass der damals zehnjährige Martin H. ohne sein Wissen an einem Arzneimitteltest teilgenommen habe. Aus der Antwort des Sozialministeriums auf eine Anfrage der Grünen sei außerdem hervorgegangen, dass keine elterliche Einwilligung für den Versuch vorgelegen habe. Martin H. habe Psychopharmaka erhalten, um ihn damit ruhigzustellen. In der Folge habe er unter schweren Nebenwirkungen gelitten.
Die Rummelsberger Diakonie in Rummelsberg bei Nürnberg ist einer der großen diakonischen Träger in Deutschland. In etwa 200 Einrichtungen für Kinder und Jugendliche, Flüchtlinge, Senioren und Menschen mit Behinderung in Bayern sind etwa 6.000 Mitarbeiter beschäftigt.