Vor dem Hintergrund jüngster Vorfälle wie dem Verbrennen einer Israel-Flagge bei einer Demonstration in Berlin und der Beschimpfung eines jüdischen Restaurantbesitzers warnte der CDU-Politiker davor, nur auf solche spektakulären Taten zu schauen. "Leider gab es auch vorher schon antisemitische Straftaten, Situationen in denen Menschen wegen ihres jüdischen Glaubens in Deutschland bedroht oder gar angegriffen wurden", sagte de Maizière.
Wichtig bleibe, "dass die Auseinandersetzung mit dem Nationalsozialismus und der Kampf gegen jede Form von Antisemitismus Teil unserer Staatsräson ist", ergänzte er. Judenfeindlichkeit dürfe in Deutschland nicht um sich greifen. "Und es ist eine Selbstverständlichkeit, dass dies auch von Menschen, die in Deutschland Schutz suchen, uneingeschränkt akzeptiert werden muss", betonte de Maizière.
Der Bundestag hatte mit Blick auf den Holocaust-Gedenktag an diesem Samstag die Bundesregierung zur Berufung eines Antisemitismus-Beauftragten aufgefordert. Mit dem oder der Beauftragten werde es einen zentralen Ansprechpartner geben, der Maßnahmen der Antisemitismusbekämpfung und -prävention für die Bundesregierung insgesamt koordiniert, erklärte die Maizière. Gleichzeitig werde diese Stelle zentraler Ansprechpartner für Belange jüdischer Gemeinden sein. Forschungsvorhaben und die Umsetzung der Empfehlungen des unabhängigen Expertenkreises Antisemitismus könnten so "zielgerichteter und effektiver" vorangetrieben werden.
Union und SPD sind sich einig über die Berufung eines Beauftragten. Dissens gibt es noch über die Ansiedlung. Die SPD will eine Stelle im Kanzleramt schaffen, die CDU im Bundesinnenministerium. Sein Haus sei sowohl für die Förderung jüdischen Lebens in Deutschland, als auch für die Bekämpfung von Antisemitismus und den gesellschaftlichen Zusammenhalt zuständig, sagte Innenminister de Maizière dazu und ergänzte: "Hier sitzen die Fachleute und Experten für genau die Fragen und Aufgaben, die ein Antisemitismusbeauftragter zu bearbeiten hat. Deshalb wäre hier auch der richtige Ort."
An diesem Samstag wird weltweit an die Opfer der nationalsozialistischen Rassenideologie erinnert. Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee das Vernichtungslager Auschwitz. Allein dort hatten die Nationalsozialisten rund 1,1 Millionen Menschen ermordet. Der Holocaust-Gedenktag ist seit 1996 gesetzlich in Deutschland verankert. Die traditionelle Gedenkstunde an die Opfer des Nationalsozialismus wird in diesem Jahr am 31. Januar um 13 Uhr im Bundestag stattfinden. Die Rede wird die Auschwitz-Überlebende Anita Lasker-Wallfisch halten.
Auch Lasker-Wallfisch beobachtet in Deutschland stärker werdende antisemitische und fremdenfeindliche Strömungen. Es sei offenbar so, dass diese Tendenzen wieder gesellschaftsfähig würden, sagte die 92-Jährige am Samstag im Bayerischen Rundfunk. Das habe ihrer Meinung nach auch mit dem Einzug der AfD in den Bundestag zu tun.
Ihren bevorstehenden Auftritt im Bundestag bezeichnete Lasker-Wallfisch als Verantwortung und Herausforderung zugleich. Sie werde die Abgeordneten vor den rechtsradikalen Tendenzen warnen und mahnen, dass die Politik diese Entwicklung aufmerksam im Blick haben müsse.
Anita Lasker-Wallfisch wurde als 18-Jährige Ende 1943 in das Konzentrationslager Auschwitz deportiert. Weil sie Cello spielen konnte, wurde die jüdischstämmige Breslauerin Mitglied im Frauenorchester des Lagers. In Auschwitz traf sie auch ihre Schwester Renate wieder. Im November 1944 wurden die Schwestern in das Konzentrationslager Bergen-Belsen deportiert. Dort erlebten sie die Befreiung am 15. April 1945. Ihre Eltern wurden bereits im April 1942 deportiert und später ermordet. Nach dem Krieg wanderte Anita Lasker-Wallfisch nach Großbritannien aus.
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Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat anlässlich des Holocaust-Gedenktages dazu aufgerufen, Antisemitismus mit aller Kraft zu bekämpfen. "Das ist eine tägliche Aufgabe", sagte Merkel in ihrem am Samstag im Internet veröffentlichten Video-Podcast. Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit seien derzeit wieder mehr an der Tagesordnung, als das einmal der Fall war.
"Es ist kaum zu verstehen und eine Schande, dass keine jüdische Einrichtung ohne polizeiliche Bewachung existieren kann, sei es eine Schule, sei es ein Kindergarten oder eine andere Einrichtung wie eine Synagoge", sagte die Bundeskanzlerin. Ihr sei es sehr wichtig, dass es den Gedenktag für die Opfer des Holocaust am 27. Januar gebe, betonte Merkel.
"Wir können eine gute Zukunft nur gestalten, wenn wir sie mit der Vergangenheit gestalten und nicht Debatten führen, dass wir das nicht mehr brauchen", sagte die Kanzlerin. Da die Zahl der Holocaust-Überlebenden abnehme, sei es notwendig, das Konzept der Gedenkstätten stärken und auch zu verändern.
Merkel verwies darauf, dass es eine Vielzahl von Programmen gebe, die sich mit Antisemitismus und Fremdenfeindlichkeit auseinandersetzen. Dazu gehöre auch "eine gute Geschichtsbildung in allen Schulen", damit gerade Schüler aus arabischen Ländern "den Antisemitismus nicht ausüben". "Antisemitismus gehört nicht in unsere Gesellschaft, das hat mit Integration nichts zu tun", unterstrich die Kanzlerin.