Der frühere Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Christoph Strässer (SPD), hat eine schleppende Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention in Deutschland kritisiert. Hier offenbarten sich Menschenrechtsdefizite, sagte Strässer am Wochenende auf einer Tagung im westfälischen Schwerte. Bei der Umsetzung hinke Deutschland weit hinter den skandinavischen Ländern hinterher.
Ein Grund für die Verzögerungen zur gleichberechtigten gesellschaftlichen Teilhabe von Menschen mit Behinderungen ist nach Ansicht von Strässer der Föderalismus. "Beim Thema Barrierefreiheit heißt das 16 verschiedene Landesbauordnungen", sagte er. Zudem finde eine Inklusion auf dem Arbeitsmarkt kaum statt. "Es greift zu kurz, die Inklusion nur auf den Bildungsbereich zu beschränken", erklärte er.
Strässer forderte darüber hinaus eine gesetzliche Regelung für deutsche Firmen bei Verletzungen von Arbeits- und Menschenrechten in ausgelagerten Produktionsstätten im Ausland. Es sei ein Missstand, dass in einem solchen Fall nicht deutsche Gerichte zuständig seien, kritisierte er.
Der Theologe und Historiker Heiner Bielefeldt beklagte, dass 70 Jahre nach Verabschiedung der Allgemeinen Erklärung der Menschenrechte die gesetzten Standards zunehmend "zerbröckeln". Heute könnten sich wieder Staatsoberhäupter wie der philippinische Präsident Rodrigo Duterte mit der Feststellung rühmen "I' m a killer and I' m proud oft it" ("Ich bin ein Killer und ich bin stolz darauf"), sagte der ehemalige UN-Sonderberichterstatter für Religionsfreiheit auf der Tagung in der Evangelischen Akademie Villigst in Schwerte.
Im Gegensatz zu Strässer bescheinigte Bielefeldt Deutschland durchaus Erfolg bei der Umsetzung der UN-Behindertenrechtskonvention. Das sei aber vor allem auf zivilgesellschaftliches Engagement zurückzuführen, sagte der Professor für Menschenrechte an der Universität Erlangen-Nürnberg. Das gelte auch bei der rechtlichen Gleichstellung von Lesben, Schwulen und Transsexuellen.