Die traditionelle Gedenkstunde wird in diesem Jahr am 31. Januar im Bundestag stattfinden. Vor dem Hintergrund der jüngsten antisemitischen Vorfälle in Deutschland plant die Unionsfraktion mit Blick auf den Gedenktag einen überfraktionellen Antrag zur Bekämpfung von Judenhass. Enthalten ist darin auch die Forderung nach einem Antisemitismusbeauftragten.
Der Beauftragte soll beim Bundesinnenministerium angesiedelt sein und von einem unabhängigen Kreis beraten werden, fordert der Antragsentwurf, der dem Evangelischen Pressedienst (epd) vorliegt. Als zentraler Ansprechpartner soll der Beauftragte demzufolge Maßnahmen der Bundesregierung sowie von Bund, Ländern und Zivilgesellschaft zur Bekämpfung von Judenhass koordinieren, Ansprechpartner für jüdische Gruppen sein und die Öffentlichkeit bei dem Thema sensibilisieren.
Der Unabhängige Expertenkreis Antisemitismus hatte bereits bei der Vorlage seines Berichts im April 2017 einen Antisemitismus-Beauftragten gefordert. Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) hat sich bereits dafür ausgesprochen. In seinem Ressort ist der Expertenkreis angesiedelt. Vom Zentralrat der Juden kam der Vorschlag, den Beauftragten im Kanzleramt anzusiedeln. Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) hat sich zu der Forderung noch nicht geäußert. Ein Sprecher verwies kürzlich auf die Sondierungsgespräche zwischen Union und SPD, bei denen der Kampf gegen Judenhass in Deutschland auch ein Thema sein dürfte.
Der Präses der Evangelischen Kirche im Rheinland, Manfred Rekowski, forderte am Montag Antisemitismusbeauftragte bei der Bundesregierung und in den Ländern. Er verwies auf nach wie vor tief verwurzelte antisemitische Einstellungen in der Bevölkerung sowie auf die Zuwanderung von Menschen, die mit einem Hass auf Israel aufgewachsen seien. Die Aufgabe, dem Antisemitismus entgegenzutreten, sei "nicht delegierbar an die Jüdischen Gemeinden, sondern das ist Christenpflicht und gesamtgesellschaftliche Notwendigkeit", sagte Rekowski.
Der Antrag der Union, der nach dem Willen von CDU und CSU fraktionsübergreifenden mit der SPD, den Grünen und der FDP in der nächsten Woche ins Parlament eingebracht werden soll, fordert auch ein schärferes Vorgehen gegen Zuwanderer, die zum Hass gegen Juden aufrufen. Mit Blick auf Fahnenverbrennungen bei anti-israelischen Demonstrationen und der Diskussion um den Ausschluss von Juden bei der Beförderung mit bestimmten arabischen Airlines fordert der Antrag zudem rechtliche Prüfungen. Eine Sprecherin der SPD-Fraktion sagte am Montag, der Entwurf werde nun beraten.
Der Bundestag erinnert jährlich zum Holocaust-Gedenktag am 27. Januar, der in diesem Jahr auf einen Samstag fällt, an die Ermordeten und Verfolgten des Nationalsozialismus. Der Gedenktag ist seit 1996 gesetzlich verankert. Am 27. Januar 1945 befreite die Rote Armee Auschwitz. Allein dort hatten die Nationalsozialisten rund 1,1 Millionen Menschen ermordet.
Die deutsch-britische Cellistin Lasker-Wallfisch, die in diesem Jahr die Gedenkrede halten wird, überlebte Auschwitz gemeinsam mit ihrer Schwester Renate Lasker-Harpprecht, die nach Angaben des Bundestags voraussichtlich ebenfalls zur Gedenkstunde nach Berlin kommen wird. Die Mitglieder des Mädchenorchesters von Auschwitz wurden gezwungen, unter anderem beim Ein- und Ausmarsch der Arbeitstrupps Musik zu spielen. Gleichzeitig war das Orchester für viele der Frauen und Mädchen die Rettung vor der Ermordung in den Gaskammern des Vernichtungslagers.