In Venezuela spitzt sich die Versorgungskrise zu. Angesichts von Plünderungen verschärfte die Regierung die Preiskontrollen und postierte Soldaten vor Supermärkten. Einzelhandelsketten wurden angewiesen, trotz galoppierender Inflation die Preise auf das Niveau von vor drei Wochen zu senken, wie die Zeitung "El Nacional" am Samstag (Ortszeit) in ihrer Onlineausgabe berichtete. Vor privaten Supermärkten bildeten sich lange Schlangen, um verbilligte Lebensmittel zu erstehen. Das Militär versuchte in
der Hauptstadt Caracas und anderen Städten, die angespannte Lage unter Kontrolle zu halten.
In den Tagen zuvor war es zu Plünderungen und Überfällen auf Supermärkte gekommen. Im Erdöl-Land Venezuela sind vor allem Grundnahrungsmittel und Hygieneprodukte knapp geworden. Viele Produkte des täglichen Bedarfs sind nur noch auf dem Schwarzmarkt oder in kleinen Mengen auf staatlichen Märkten zu bekommen.
Hinzu kommt eine rasante Geldentwertung, die im Jahr 2017 Schätzungen zufolge bei über 1.000 Prozent lag. Eine Ursache der dramatischen Wirtschaftskrise war der Verfall des Ölpreises, wodurch die venezolanischen Exporteinnahmen einbrachen.
Der linksnationalistische Präsident Nicolás Maduro macht Schmuggel und Boykottpolitik seitens der Unternehmer für die Krise verantwortlich. Die bürgerliche Opposition spricht von Misswirtschaft und Korruption. Beide Seiten bieten sich seit Jahren einen erbitterten Machtkampf. Bei teils sehr gewaltsamen Demonstrationen wurden im Frühjahr über 120 Menschen getötet.
Die Regierung steht auch international stark in der Kritik. Am Freitag verschärften die USA ihre Sanktionen gegen das Land: Das US-Finanzministerium setzte vier weitere amtierende und ehemalige Regierungsfunktionäre auf eine schwarze Liste, die US-Amerikanern jegliche Geschäfte mit ihnen verbietet. Zu Begründung hieß es, die Genannten hätten sich an Korruption und Repression gegen Oppositionelle beteiligt.
"Präsident Nicolás Maduro und seine engen Vertrauten setzen nach wie vor ihre eigenen Interessen über die des Volkes", erklärte Finanzminister Steven T. Mnuchin. Er forderte andere Staaten auf, dem Beispiel der USA zu folgen und "dieses repressive Regime weiter zu isolieren". Die US-Regierung hatte bereits im vergangenen Jahr Sanktionen und Einreiseverbote gegen Maduro, dessen Stellvertreter und weitere ranghohe Funktionäre verhängt. Auch Kanada und die EU haben Wirtschaftssanktionen gegen das ölreiche südamerikanische Land beschlossen.