Ein Messerangriff auf den Bürgermeister der sauerländischen Kleinstadt Altena, Andreas Hollstein (CDU), hat bundesweit Entsetzen ausgelöst. "Attacken auf Amtsträger, die sich mit ihrem persönlichen Einsatz für unsere Gesellschaft einbringen, sind verabscheuungswürdig", erklärte Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU) am Dienstag über den Kurznachrichtendienst Twitter. Regierungssprecher Steffen Seibert teilte über Twitter mit, Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) sei entsetzt über die Tat. Auch Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier reagierte betroffen auf das Attentat. In einem Brief an Hollstein zeigte er sich zugleich erleichtert, dass dieser wieder aus dem Krankenhaus entlassen wurde.
Hollstein war am Montagabend in einem Döner-Imbiss von einem Angreifer am Hals verletzt worden. Er wurde ins Krankenhaus gebracht, das er aber bereits wieder verlassen hat. Der 56-jährige Angreifer wurde festgenommen. Die Staatsanwaltschaft Hagen wertet den Messerangriff als Mordversuch mit fremdenfeindlichem Motiv.
Staatsanwaltschaft: Mordversuch mit fremdenfeindlichem Motiv
Der Hagener Oberstaatsanwalt Gerhard Pauli erklärte, der Beschuldigte, der leicht alkoholisiert gewesen sei, habe in Tötungsabsicht und aus niederen Beweggründen gehandelt. Der Mann rechtfertige die Tat damit, dass der Bürgermeister mehrere hundert Asylsuchende in die Stadt geholt habe. Verbindungen des Täters in die rechtsextreme Szene hätten bislang nicht ermittelt werden können.
Hollstein selbst warnte nach der Messerattacke vor Hass in der politischen Auseinandersetzung. "Hass bringt uns nicht weiter, diese Botschaft rüberzubringen, ist mir wichtig", sagte er am Dienstag. "Ich werde mich weiter für Flüchtlinge und Bürger in Altena einsetzen."
Regierungssprecher Seibert erklärte, Merkel habe Hollstein angerufen und ihm gewünscht, dass er den Angriff körperlich und seelisch gut überwinde. Auch SPD-Chef Martin Schulz twitterte, er sei schockiert über das Attentat. Die Integrationsbeauftragte der Bundesregierung, Aydan Özoguz (SPD), erklärte, die Tat müsse aufrütteln. Viele Bürgermeister und Ehrenamtliche müssten ständig Beschimpfungen und sogar Drohungen ertragen.
Der nordrhein-westfälische Ministerpräsident Armin Laschet (CDU) erklärte, Gewalt gegen Bürgermeister, die sich um das Wohl ihrer Stadt kümmerten, sei verabscheuungswürdig. Die Oberbürgermeisterin von Köln, Henriette Reker (parteilos), betonte, dass ein solches Attentat das Leben verändere, "aber es darf nicht unser Verhalten ändern". Reker war selbst 2015 Opfer eines politisch motivierten Messerangriffs geworden.
Der Essener Bischof Franz-Josef Overbeck würdigte die Integrationsarbeit der Stadt Altena und vor allem Hollsteins als "sehr positives Zeichen der Menschlichkeit in unserem Land". Der Deutsche Städtetag verurteilte das Attentat als menschenverachtend. Der Rechtsexperte des Städte- und Gemeindebundes, Uwe Lübking, forderte gegenüber den Online-Portalen der Funke Mediengruppe eine Strafverschärfung bei Gewalt gegen Mandatsträger.
Der 17.000-Einwohner-Ort Altena hatte Anfang des vergangenen Jahres von sich reden gemacht, weil sich der Stadtrat entschieden hatte, freiwillig mehr Flüchtlinge aufzunehmen, als nach dem Zuteilungsschlüssel des Landes Nordrhein-Westfalen nötig gewesen wäre. Im Mai wurde Altena dafür mit dem ersten Nationalen Integrationspreis der Bundesregierung ausgezeichnet.