Nach der tödlichen Messerattacke in Aschaffenburg am Mittwoch ist für Samstag ein öffentliches Gedenken in der Stadt geplant. Am Sonntag wird mit einem ökumenischen Gedenkgottesdienst der Opfer gedacht. Der bayerische evangelische Landesbischof Christian Kopp und der katholische Würzburger Bischof Franz Jung leiten gemeinsam ab 10.30 Uhr den Gottesdienst in der Stiftskirche St. Peter und Alexander. Um möglichst vielen Bürgerinnen und Bürgern die Teilnahme zu ermöglichen, wird der Gottesdienst auf eine Großbildleinwand ins Freie vor der Stiftskirche übertragen. Zudem wird die Gedenkfeier über den YouTube-Kanal der Stadt Aschaffenburg gestreamt. Um die Stiftskirche herum gilt eine Bannmeile - angemeldete politische Demos sollen die Trauer nicht stören.
Während Bundes- und Landespolitiker mit gegenseitigen Schuldzuweisungen auf die Attacke reagieren, sind die Menschen in der unterfränkischen 70.000-Einwohner-Stadt entsetzt und versuchen ihrer Trauer Raum zu geben. Nach der Tat haben trauernde und entsetzte Bürgerinnen und Bürger in Aschaffenburg bereits kirchliche Angebote genutzt. So stehen am Tatort seit Mittwoch Mitarbeiter der katholischen und evangelischen Notfallseelsorge für spontane Gespräche bereit. Donnerstagfrüh gab es eine Kranzniederlegung, gegen Abend kamen am Tatort 3.000 Menschen zu einem stillen Gedenken zusammen.
Spontan widmete am Donnerstagabend die Arbeitsgemeinschaft der christlichen Kirchen (ACK) in Aschaffenburg ihren Gottesdienst um, der ursprünglich zur Gebetswoche für die Einheit der Christen geplant war. Der evangelische Aschaffenburger Dekan Rudi Rupp sagte dort, ein Gottesdienst könne die schreckliche Tat mit zwei Toten und mehreren Verletzten nicht ungeschehen machen. Er könne aber Mut machen, "miteinander füreinander" zu beten und mit anderen zu weinen.
Angstforscher: Messerattacke beeinflusst Wahl
Der Göttinger Psychiater und Angstforscher Borwin Bandelow hält es für wahrscheinlich, dass die Messerattacke von Aschaffenburg die bevorstehende Bundestagswahl deutlich beeinflusst. "Immer wenn so etwas Schreckliches passiert, dauert es ungefähr so vier Wochen, in denen dieses Ereignis die Politik bestimmt und die Leute darüber reden und nachdenken", sagt Bandelow dem Evangelischen Pressedienst (epd) in Göttingen. Das decke sich ziemlich genau mit den Wochen des Wahlkampfs bis zum 23. Februar.
Ereignisse wie dieses erschütterten das Sicherheitsgefühl der Menschen und seien geeignet, Ängste und Vorurteile gegenüber Migranten zu schüren, sagte Bandelow, der als Senior-Professor an der Klinik für Psychiatrie und Psychotherapie der Universitätsmedizin Göttingen lehrt. Davon würden voraussichtlich populistische Parteien profitieren. "Das wird ihnen Wählerstimmen bescheren." Allerdings könne keine Regierung gleich welcher Couleur Taten psychisch kranker Menschen komplett verhindern. Nach der Wahl werde sich zeigen, dass die komplexen Probleme nur sehr schwierig zu lösen seien.
Am Mittwoch waren bei einer Messerattacke in Aschaffenburg ein zwei Jahre altes marokkanisches Kita-Kind und ein 41-jähriger deutscher Mann mit einem Küchenmesser getötet worden. Tatverdächtig ist ein offenbar psychisch kranker 28-jähriger Afghane, der ausreisepflichtig war. Er wurde in einer psychiatrischen Einrichtung untergebracht. Drei weitere Menschen wurden teilweise schwer verletzt: ein zweijähriges syrisches Mädchen aus der Kita-Gruppe, eine 59-jährige deutsche Kita-Erzieherin sowie ein 72-jähriger deutscher Passant.