Für die Feierlichkeiten sei ein "zugleich positiv gegenwartstauglicher und zudem katholisch akzeptabler" Luther konstruiert worden, sagte der Professor der Universität Wuppertal am Mittwoch in Bonn auf dem Herbstkonvent des Lutherischen Konvents im Rheinland. "Unter diesen Prämissen blieb also von Luther, der ja nur dadurch geschichtliche Bedeutung erlangte, dass er polarisierte wie kaum jemand vor oder nach ihm, erbärmlich wenig übrig."
Luther sei "zum bloßen Reformkatholiken verzwergt" worden, der tragischerweise die Spaltung der Kirche herbeigebracht habe, sagte Ohst in seinem Festvortrag. "Eine gemeinsame Feier mit den Katholiken, die sich ja ohnehin mit viel gutem Zureden allenfalls zu einem 'Gedenken' animieren ließen, wäre andernfalls auch schwerlich möglich gewesen." Dabei habe Luther nicht nur bestimmte Missstände seiner Zeit verneint, sondern die "geistigen und religiösen Grundlagen der Papstkirche, von denen sie unter Franziskus noch ebenso lebt wie unter Leo X., Hadrian VI., Clemens VII. oder Paul III.", betonte der evangelische Theologe laut Redetext. Darüber sei bei den Feiern zum 500. Reformationsjubiläum aber geschwiegen worden.
Ohst betonte, Luther habe unter dem Begriff des Glaubens etwas völlig anderes verstanden als die katholischen Theologen vor ihm, zu seiner Zeit und nach ihm. Während für sie der Glaube zwar ein unentbehrliches Fundament sei, das die Menschen aber zugleich zu Leistungen in Form von guten Taten verpflichte, so erlöse in Luthers Lehre alleine der von Gott geschenkte Glaube. Dieser Unterschied werde bleiben, "auch wenn in ein paar Wochen niemand mehr vom Reformationsjubiläum reden wird", sagte Ohst. "Und darüber wird weiterhin zu reden sein."
Der Lutherische Konvent im Rheinland ist ein Zusammenschluss lutherischer Christen in der Evangelischen Kirche im Rheinland. Gegründet wurde er während des Kirchenkampfes im Jahr 1936. Der rheinische Konvent ist Mitglied in der Lutherischen Arbeitsgemeinschaft in Deutschland.