Im Streit über eine Adolf Hitler gewidmete Glocke im Turm der protestantischen Jakobskirche in Herxheim am Berg in Rheinland-Pfalz sei es sinnvoll, mit einer Plakette oder auf der Internetseite auf deren belastete Geschichte hinzuweisen.
Wenn es nicht möglich sei, einen Gegenstand mit NS-Vergangenheit aus kirchlichen Räumen zu entfernen, müsse man über ihn selbstkritisch und distanziert informieren, sagte der 53-jährige evangelisch-lutherische Theologe. Die evangelische Kirche werde ihre Scham darüber, mit dem Hitler-Regime verstrickt gewesen zu sein, nicht dadurch los, dass sie Objekte wie die Herxheimer Glocke verstecke. Kirchengemeinden und Kommunen sollten "keine Furcht davor haben", Verantwortung auch für ihr fragwürdiges Erbe zu übernehmen.
Jeder Einzelfall müsse gesondert in den Blick genommen und die Interessen der Kirchengemeinden und auch des Denkmalschutzes gegeneinander abgewogen werden, sagte Claussen. Dabei sei zu prüfen, ob nationalsozialistische oder rassistische Symbole und Darstellungen Mobilisierungspotenzial für Rechtsextreme und Neonazis böten.
Ungelöst sei in der EKD die Frage, ob "NS-Kirchen" wie die Martin-Luther-Gedächtniskirche in Berlin aufgelöst oder mit Umformungen erhalten werden sollten. Solche Kirchen könnten weiter genutzt werden, indem man Gegenstände wie Kriegstafeln künstlerisch-kreativ verändere, sagte Claussen.
Kirchengemeinden müssten sich auch von belastendem Erbe wie Altarbildern mit Nazi-Symbolik trennen können, wenn sie deshalb in ihrer Kirche keinen Gottesdienst mehr feiern wollten. Die Denkmalschutzbehörden, die auf den Erhalt von NS-Relikten aus historischen Gründen drängten, müssten auf die Gefühle der Kirchenbesucher mehr Rücksicht nehmen, forderte der EKD-Kulturbeauftragte. Die Weiternutzung von Kirchen sei allerdings "der beste Denkmalschutz". Ob auch NS-Überbleibsel renoviert werden sollten, werde für Kontroversen sorgen, sagte Claussen: "Da schmerzt Kirchensteuerzahler jeder Euro."