Die Türkei beschlagnahme "massenhaft aramäisches Eigentum", erklärte der Vorsitzende des Bundesverbands der christlichen Aramäer in Deutschland, Daniyel Demir, am Montag in Heidelberg. Die Aramäer in der türkischen Stadt Mardin und Umgebung verlören mehr als 50 Kirchen, Klöster und Grabanlagen an die türkische Religionsbehörde Diyanet.
Nach Rücksprache mit der Leitung des türkischen Klosters Mor Gabriel, eines der ältesten christlichen Klöster, scheine die Übertragung von bis dato 50 kirchlichen Immobilien "nur die Spitze des Eisberg" zu sein. Die Lage sei unübersichtlich, aber das Ausmaß der Enteignungen sei alarmierend, sagte Demir. Noch wisse man nicht genau, welche und wieviele der unzähligen Kirchen der Gegend um Mardin auf der Liste der Behörde stünden. Es sei zu befürchten, dass das Jahrtausende alte aramäische Kulturerbe, Kirchen und Klöster aus frühchristlicher Zeit, veräußert oder in Moscheen umgewandelt würden.
Den Angaben Demirs zufolge hat der Regierungsbezirk Mardin Ende vergangener Woche bekanntgegeben, dass rund 50 Kirchenbesitztümer über das staatliche Schatzamt der Religionsbehörde Diyanet übertragen werden sollen. Als rechtliche Eigentümerin könne Diyanet über die Gebäude nach Belieben verfügen, sagte Demir. Derzeit versuchten die im Lande verbliebenen Aramäer herauszufinden, welche der Hunderte Kirchen in Tur Abdin (aramäisch: Berg der Diener Gottes) in der Grenzregion zu Syrien tatsächlich betroffen seien. Auch würden Juristen eingeschaltet.
Die Aramäer sind in der Türkei als Minderheit nicht anerkannt und können daher das Recht auf Religionsfreiheit nicht entsprechend ausüben. Eigentumserwerb, Bau und Erhalt von Kirchen war schon in der Vergangenheit immer wieder mit Schwierigkeiten verbunden. Derzeit leben den Angaben zufolge noch rund 2.000 Aramäer in der Türkei. In Deutschland sind es inzwischen 150.000, in der EU 350.000. Die syrisch-orthodoxen Aramäer stehen in der Tradition der frühesten christliche Kirche.