Es sei eine "sehr frühzeitige, oberflächliche" Erfahrung von Geborgenheit gewesen: "Als ich in die Pubertät kam, habe ich mich davon gelöst. Die Verehrung ist in Kritik umgeschlagen. Ich habe den Glauben als Belastung empfunden." Es habe lange gedauert, bis er zum Thema Glaube eine "normale, philosophische Distanz" gehabt habe, fügte Geißendörfer hinzu. Sein Vater war Militärpfarrer, verstarb im Zweiten Weltkrieg. Heute glaube er "nicht an nichts", sagte der Regisseur. Er glaube an die geistigen Leistungen des Menschen: "Über Generationen hinweg waren diese maßgeblich, sie haben sich am Leben orientiert. Ob Gott dahinter steht oder nicht, ist für mich nicht wichtig. Mir persönlich sind die Philosophen wichtiger als die Bibel."
Das Thema Glaube spielt auch in der kommenden Folge der "Lindenstraße" am Sonntag eine Rolle: Geißendörfer hatte im Vorfeld die Zuschauer darüber abstimmen lassen, ob eine Figur, die sich zur Konfirmation anmeldet, von ihren Eltern dabei unterstützt wird. 63 Prozent der Zuschauer bejahten dies. "Ich habe mehr Gleichgültigkeit erwartet. Es ist erstaunlich", sagte Geißendörfer. "Offenbar finden noch immer viele Menschen, dass die Religion ein wichtiger Bestandteil unserer Kultur ist." Die "Lindenstraße" beteiligt sich damit an der ARD-Themenwoche "Woran glaubst du?" (11. bis 17.?Juni).
Die 1985 gestartete "Lindenstraße" ist die mit Abstand älteste Dauerserie im deutschen Fernsehen. Erfinder Geißendörfer produziert die Serie inzwischen mit seiner Tochter Hana.