Kommentieren wollte sie die Inhalte nicht. Sie bestätigte aber, dass "Pflegedienste in der Altenpflege generell einen lukrativen Markt für betrügerische Aktivitäten darstellen". Beim Abrechnungsbetrug durch russische Pflegedienste handele es sich "um ein bundesweites Phänomen".
Seit mehreren Jahren würden im gesamten Bundesgebiet Ermittlungsverfahren gegen betrügerisch abrechnende Pflegedienste geführt, erläuterte die Sprecherin. Die Ermittlungen in diesem Deliktsbereich seien aufwendig und langwierig: "Das ist nicht zuletzt darauf zurückzuführen, dass der involvierte Personenkreis aufgrund seiner Herkunft und seines kulturellen Hintergrunds weitgehend ethnisch abgeschottet ist."
Zu den Formen des Betruges sagte die Sprecherin, dass er neben der Abrechnung nicht erbrachter Leistungen auch die Fälschung von Ausbildungszertifikaten, Pflegedokumentationen, Leistungsnachweisen, Tourenplänen und Attesten sowie gewerbsmäßige Steuerhinterziehung, Schwarzarbeit und Geldwäsche umfasse.
Über den Verdacht auf mafiöse Strukturen bei russischen Pflegediensten hatte zuerst "Die Welt" am Dienstag berichtet. In dem internen Bericht sei die Rede von teils bundesweit agierenden Netzwerken von Pflegediensten. Diese würden überwiegend von Berlin aus gesteuert und hätten die Pflegekassen offenbar um hohe Summen betrogen: Die Dienste hätten mit Patienten und Ärzten gemeinsame Sache gemacht und nicht erbrachte Leistungen abgerechnet. Regionale Schwerpunkte der Pflegemafia sind demnach Nordrhein-Westfalen und Berlin, außerdem Niedersachsen, Brandenburg und Bayern.
Aus dem Abschlussbericht "Abrechnungsbetrug im Gesundheitswesen durch russische Pflegedienste" geht laut "Welt" zudem hervor, dass viele der beschuldigten ambulanten Pflegedienste zusätzlich auch in andere kriminelle Machenschaften verwickelt seien, darunter Geldwäsche, Schutzgeldzahlungen und Glücksspiel. Unter ehemaligen Firmenbetreibern sollen sich zudem Personen befinden, die unter dem Verdacht stehen, Auftragsmörder zu sein.
Bundesgesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) forderte, diese kriminellen Handlungen lückenlos aufzuklären. Es sei wichtig, dass die Bundesländer genau prüfen, inwiefern eine stärkere Nutzung von Schwerpunktstaatsanwaltschaften für das Sozialrecht helfen kann, Verfahren gegen betrügerische Pflegedienste zu beschleunigen.
Schwerpunktstaatsanwaltschaften gefordert
"Bund und Länder machen es der organisierten Kriminalität zu leicht. Es fehlt an Schwerpunktstaatsanwaltschaften und speziellen Ermittlungsgruppen", sagte Eugen Brysch, Vorstand der Deutschen Stiftung Patientenschutz. Er rief Bund und Länder zum Handeln auf. Sie machten Betrügereien in der Pflege zu leicht. Hier seien sowohl die Innenminister als auch die Justizminister gefordert. Aber auch der Medizinische Dienst der Krankenkassen (MDK) sei gefragt.
Brysch sagte, es werde höchste Zeit, dass die Pflegeleistungen elektronisch abgerechnet werden. Ebenso sei eine einheitliche lebenslange Patientennummer notwendig. "So werden Schummeleien von Pflegediensten, Ärzten, Apothekern und Patienten schnell deutlich."
Der stellvertretende Vorsitzende der SPD-Bundestagsfraktion, Karl Lauterbach, sagte der "Mitteldeutschen Zeitung" (Mittwoch), "weil es sich um Organisierte Kriminalität handelt, brauchen wir Schwerpunktstaatsanwaltschaften." Solche Betrügereien dürften sich "auf keinen Fall wiederholen. Denn sonst höhlt es das Vertrauen in die Pflege aus und trifft auch jene Dienste, die gute Arbeit leisten."
Beim MDK hieß es, man habe "keine primären Erkenntnisse über Abrechnungsbetrug aus eigener Prüfung". Eine Sprecherin sagte, die vor allem auf die Qualität der Pflegeeinrichtung ausgerichteten Prüfungen zeigten zwar hier und da vereinzelte Auffälligkeiten. Doch mit den eigenen Verfahren "kommt man nicht hinter mafiöse Strukturen".