In einer in Windhuk verabschiedeten Abschlussbotschaft kritisieren die rund 400 Delegierten Menschenhandel, Zwangsarbeit, Lohnwucher und unlautere Kredite. Neoliberale Marktwirtschaft reduziere den Menschen oft zur Ware. Lohngefälle und ungleiche Chancen am Arbeitsmarkt führten zudem zur Abwanderung von gebildeten Fachkräften. Der LWB repräsentiert mehr als 74 Millionen Christen in fast 100 Ländern.
Der Lutherische Weltbund beklagte zudem die anhaltende Gewalt gegen Frauen: "Wir leben in einer Welt, in der mindestens jede dritte Frau irgendwann von geschlechtsspezifischer Gewalt betroffen ist". Für viel zu viele sei etwa das Kriegsverbrechen Vergewaltigung leidvolle Realität.
Mit Blick auf den Klimawandel prangerte der LWB den stetig wachsenden Ressourcenverbrauch an. Im Streben nach Wirtschaftswachstum seien auch Land, Meer und alle Geschöpfe zu Waren herabgewürdigt worden. "Das ist Unrecht!" Der LWB suche daher nach alternativen Wirtschaftsmodellen, die dem Wohl der ganzen Schöpfung dienten, hieß es weiter.
Zugleich machte sich der Lutherische Weltbund für Flüchtlinge stark. Weltweit seien rund 65 Millionen Menschen entwurzelt. Der LWB wolle weiterhin für Flüchtlinge und Migranten eintreten und die Mitgliedskirchen bei der Flüchtlingsaufnahme unterstützen.
"Erst wenn die Wahrheit gesagt und Gerechtigkeit gesucht ist, kann tatsächliche Versöhnung über den Schmerzen der Vergangenheit stattfinden."
Am Sonntag hatten Tausende Christen aus aller Welt im Sam-Nujoma-Stadion in Windhuk das 500. Reformationsjubiläum in diesem Jahr gefeiert. Dabei predigte der frühere namibische Bischof und derzeitige Sozialminister des afrikanischen Landes, Zephania Kameeta, gegen Armut, Hass, Gewalt, Gier und Terrorismus. Das Gedenken an die Reformation Martin Luthers, die im Jahr 1517 ihren Anfang nahm, war der Höhepunkt der zwölften LWB-Vollversammlung.
Neuer Präsident des Lutherischen Weltbundes ist der Nigerianer Musa Panti Filibus. Er wurde am Samstag zum Nachfolger des palästinensischen Bischofs Munib Younan gewählt, der seit 2010 an der LWB-Spitze stand und nicht wiedergewählt werden konnte. Im Abschlussgottesdienst am Dienstagabend wurde Filibus, der erst der zweite Afrikaner in diesem Amt ist, offiziell als Präsident eingeführt.
Mit Blick auf die deutschen Kolonialverbrechen Anfang des 20. Jahrhunderts in Namibia rief der LWB beide Völker zur weiteren Aufarbeitung mit dem Ziel einer Versöhnung auf. Schmerzhafte Erinnerungen müssten ausgesprochen werden, heißt es in einer am Montagabend in Windhuk veröffentlichten Erklärung der zwölften LWB-Vollversammlung: "Erst wenn die Wahrheit gesagt und Gerechtigkeit gesucht ist, kann tatsächliche Versöhnung über den Schmerzen der Vergangenheit stattfinden."
Bischöfe aus Deutschland und Namibia sprachen am Montagabend von einem "historischen Moment". Der Lutherische Weltbund verpflichtet sich in dem Papier zur Begleitung und Unterstützung bei dem Versöhnungsprozess zwischen Namibia und Deutschland, sollte sie angefordert werden.
Deutsche Kolonialtruppen hatten in Reaktion auf Aufstände zwischen 1904 und 1908 einen Vernichtungskrieg im Südwesten Afrikas geführt, der als Völkermord gewertet wird. Schätzungen zufolge wurden bis zu 100.000 Herero und Nama getötet oder in den sicheren Tod in der Wüste getrieben.
LWB-Vollversammlungen finden alle sieben Jahre statt, zuletzt 2010 in Stuttgart. An der Vollversammlung in Namibia nahmen rund 800 Theologen, Kirchenvertreter und lutherische Christen aus den 145 Mitgliedskirchen teil. Der LWB wurde 1947 in Schweden gegründet.