Der neu gewählte Präsident des Lutherischen Weltbundes (LWB), der Nigerianer Musa Panti Filibus, will sich für den Kampf gegen Terror starkmachen. "Ich halte es für dringend notwendig, sich mit der Frage der religiös motivierten Gewalt in der heutigen Welt auseinanderzusetzen", sagte der Theologe nach seiner Wahl am Samstagabend in Windhuk. Am Sonntag feierten Tausende Lutheraner im Sam-Nujoma-Stadion einen Gottesdienst anlässlich des 500. Reformationsjubiläums in diesem Jahr.
Filibus stammt aus dem Norden Nigerias, wo die islamistische Terrorgruppe Boko Haram regelmäßig Anschläge verübt. Die Kirchen in Nigeria hätten in diesem Konflikten niemals geschwiegen, sagte der 57-Jährige. Dennoch hätten vor zwei Jahren viele Kirchengemeinden ihre Aktivitäten einstellen müssen. Die Gefahr von Attacken durch Boko Haram auf Gottesdienste sei zu groß gewesen. Der Erzbischof der Lutherischen Kirche Christi in Nigeria wurde von der LWB-Vollversammlung mit 274 Ja- und 4 Nein-Stimmen bei 25 Enthaltungen gewählt.
Filibus will sich auch für die Gleichstellung von Mann und Frau einsetzen. Er war an der Entwicklung eines LWB-Grundsatzpapiers zur Gendergerechtigkeit beteiligt und kündigte an, sich für dessen Umsetzung zu engagieren. Dabei gehe es auch darum, "wie man Mitgliedskirchen im Blick auf das Verständnis und die Auseinandersetzung mit diesen Fragen unterstützen kann", sagte er. Doch wolle der LWB keiner Mitgliedskirche etwas aufzwingen, sondern trete für Dialog ein. Die lutherische Kirche in Lettland hat die Frauenordination wieder abgeschafft.
Die Gender-Frage nannte - neben theologischer Bildung und diakonischem Handeln - auch der württembergische Landesbischofs Frank Otfried July als maßgebliches Thema für die kommenden Jahre. Er wurde als Mitglied des LWB-Rats, der höchsten Gremiums zwischen den LWB-Vollversammlungen, am Sonntag wiedergewählt.
Filibus stand als einziger Kandidat für das Präsidentenamt zur Wahl. Er wird Nachfolger von Bischof Munib Younan aus den palästinensischen Gebieten, der seit 2010 an der LWB-Spitze stand und nicht wiedergewählt werden konnte. Filibus wird im Abschlussgottesdienst am Dienstag offiziell ins Amt eingeführt.
Der scheidende LWB-Präsident Munib Younan gratulierte Filibus zu dessen Wahl. Es sei eine Ehre, Filibus für die kommenden sechs Jahr als Präsidenten zu haben, sagte er. Generalsekretär Martin Junge sagte, er freue sich auf die Zusammenarbeit. Beide hätten sie vor Jahren bereits gut als Regionalreferenten zusammengearbeitet - Filibus für Afrika und Junge für Lateinamerika. Der Vorsitzende des Deutschen Nationalkomitees des LWB, Landesbischof Gerhard Ulrich, nannte Filibus einen vielfältig begabten, visionären Theologen und Mann "mit Leidenschaft für die Kirche".
Der Präsident des päpstlichen Einheitsrates, Kardinal Kurt Koch, würdigte in einem Grußwort während der Wahl den intensiven Dialog zwischen Lutheranern und Katholiken. Das Leid, das man sich über Jahrhunderte auf beiden Seiten angetan habe, könne zwar nicht aus dem historischen Gedächtnis gelöscht werden. Umso mehr freue er sich aber, dass man gemeinsam das Reformationsgedenken begehen könne, sagte der aus der Schweiz stammende Kurienkardinal.
Das 500. Reformationsjubiläum feierten am Sonntag Tausende Menschen im Sam-Nujoma-Stadion in Windhuk. Dabei predigte der frühere namibische Bischof und derzeitige Sozialminister des afrikanischen Landes, Zephania Kameeta, gegen Armut, Hass, Gewalt, Gier und Terrorismus. Das Gedenken an die Reformation Martin Luthers, die im Jahr 1517 ihren Anfang nahm, war der Höhepunkt des Kirchentreffens.
Man sei "in einer schwierigen, nicht abschätzbaren und gefährlichen Zeit in der Menschheitsgeschichte" zusammengekommen, sagte Kameeta und erinnerte an die islamistischen Anschläge auf koptische Kirchen. "Hier stehen wir mit Tränen in den Augen, wenn wir daran denken, was am Palmsonntag in Ägypten geschah", sagte er. Vor einigen Wochen waren bei Angriffen auf zwei koptische Kirchen rund 50 Menschen gestorben, mehr als 100 wurden verletzt.
Er glaube jedoch fest daran, "dass Hass, Gewalt, Gier, die wachsende Kluft zwischen Arm und Reich, bittere Armut, Ungerechtigkeit, Ausbeutung, Terrorismus, Extremismus, Diskriminierung und Tod, nicht das letzte Wort haben", sagte Kameeta. Als Beispiel nannte der Minister für Armutsbekämpfung und soziale Wohlfahrt seine Heimat Namibia. Das Land habe während der Zeit des Kolonialismus und der Apartheid die dunkelsten Stunden seiner Geschichte erlebt. Und dennoch: "Namibia wurde unabhängig, und heute erinnern wir uns in Namibia an 500 Jahre der Gnade Gottes", sagte Kameeta.
Der LWB repräsentiert mehr als 74 Millionen Christen aus 145 Mitgliedskirchen und 98 Ländern.