"Es gibt noch immer viel zu wenige Frauen in Führungsämtern", sagte sie dem Evangelischen Pressedienst (epd). "Die Kirchen sind den Frauen aber etwas schuldig. Alte mentale Muster stehen Frauen nach wie vor im Weg." Hätten sich die Frauen in Top-Positionen etabliert, brauche es auch die Quote nicht mehr: "Die kann dann wie ein Gerüst nach einer erfolgreichen Hausrenovierung abgebaut werden."
Vor 25 Jahren wurde Maria Jepsen in Hamburg zur weltweit ersten lutherischen Bischöfin gewählt. Zwar habe es bei der Gleichberechtigung innerhalb der evangelischen Kirche große Fortschritte gegeben, erläuterte die Theologin. "Aber Frauen und Männer sind noch längst nicht überall auf Augenhöhe." Grund sei der "lange Schatten der mentalen Prägung": "Der Mutter-Kult ist tief verwurzelt. Die Kirche muss den Frauen endlich das schlechte Gewissen nehmen. Es ist möglich, dass sie ihre Gaben beruflich einsetzen und gleichzeitig Verantwortung für Kinder übernehmen."
Frauen seien als Kirchen-Angestellte in der Mehrheit, aber nur wenige übernähmen Führungsaufgaben, sagte die Autorin des Buches "Fürchtet euch nicht! Frauen machen Kirche". Bei Wahlen stießen sie oft auf Vorurteile. "Viele glauben nicht, dass Frauen diese Arbeit machen können. Das sind unterbewusste Stereotype, die keiner bewussten Prüfung standhalten würden."
Auf der anderen Seite mangele es Frauen oft an Selbstbewusstsein, sagte Ueberschär. Und es fehle an positiven Beispielen. Eine Ausnahme sei Margot Käßmann, ehemalige Ratsvorsitzende der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD) und aktuell Botschafterin für das Reformationsjubiläum. "Sie hat ihre persönliche Situation mit ihren Kindern im Führungsamt bewusst offensiv gelebt", sagte Ueberschär. "Das hat viele Frauen ermutigt. Käßmann ist für sie ein Vorbild."
Eine bessere Vereinbarkeit von Führungspositionen und Familie könne die Kirche alleine nicht umsetzen, erläuterte Ueberschär. "Da ist die ganze Gesellschaft gefragt." Wichtig sei, die Führungsämter anders zu gestalten. "Frauen schauen genauer hin, was sie von einem Amt haben. Sie interessieren sich nicht so sehr für die Ehre, die damit einhergeht, sondern mehr für ihre Lebensqualität."
Deshalb müsse die Kirche Führungspositionen attraktiver gestalten. Gerade auf der mittleren Führungsebene sei mehr Anerkennung für den hohen persönlichen Einsatz gefragt. "Und das betrifft ja nicht nur die Frauen", sagte Ueberschär. "Auch viele Männer haben heutzutage keine Lust mehr auf solche Arbeit."