Entwicklungsminister Müller für rückwirkende Kontrolle aller Flüchtlinge

 Bundesentwicklungsminister Gerd Müller
Foto: dpa/Sebastian Gollnow
Bundesentwicklungsminister Gerd Müller
Entwicklungsminister Müller für rückwirkende Kontrolle aller Flüchtlinge
In der Debatte um Leistungsbetrug durch Flüchtlinge fordert CSU-Minister Müller eine rückwirkende Registrierung aller Asylbewerber. Das sei bereits passiert, erklärt das Innenministerium. Verlässliche Zahlen zur Dimension von Sozialbetrug, den der Entwicklungsminister eindämmen will, gibt es nicht.

Nach Fällen von Sozialleistungsmissbrauch durch Asylbewerber hat Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) eine rückwirkende Kontrolle aller seit 2015 nach Deutschland eingereisten Flüchtlinge gefordert. Dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland" sagte er: "Die Bevölkerung hat Anspruch auf eine lückenlose Registrierung und auf eine standardmäßige Überprüfung aller seit zwei Jahren nach Deutschland gekommenen Flüchtlinge." Er verwies auf den "behördenbekannten Straftäter und Verbrecher" Anis Amri, der den Weihnachtsmarkt-Anschlag von Berlin verübte, sowie Fälle von Sozialmissbrauch infolge von Mehrfachregistrierungen. Aus dem Bundesinnenministerium hieß es derweil, diese Nachregistrierungen seien bereits erfolgt.

Alle Asylbewerber seien inzwischen mit ihren biometrischen Daten erfasst sowie deren Daten mit den Beständen von Bundeskriminalamt und Bundesamt für Verfassungsschutz auf Sicherheitsbedenken abgeglichen, sagte ein Sprecher des Ministeriums in Berlin. Er betonte, all jene, die mit staatlichen Stellen in Kontakt getreten sind, seien registriert. Ausschließen könne man jedoch nicht, dass es Menschen gebe, die weder einen Asylantrag noch einen Antrag auf Sozialleistungen gestellt haben und damit nicht erfasst sind, ergänzte der Sprecher.

Müller sagte dem "RedaktionsNetzwerk Deutschland": "In Deutschland angekommene Asylbewerber haben durch Mehrfachregistrierung Sozialgelder in großer Millionenhöhe abgegriffen." Er sprach von Zehntausenden Fällen. In der Bundesregierung konnte man diese Zahl nicht bestätigen. Eine Sprecherin aus dem Entwicklungsministerium sagte, es handele sich um eine "parteipolitische Diskussion". Aus Ministeriumssicht könnten "keine vertieften Erkenntnisse" dazugefügt werden.

Ein Sprecher des Bundesarbeitsministeriums verwies darauf, dass für den Vollzug der Sozialleistungen die Kommunen zuständig sind und die Länder die Aufsicht hätten. Dort müsse für ein Gesamtbild der Dimension des Problems nachgefragt werden. Bereits am Donnerstag erklärte das Ministerium, dass es die Entwicklung genau beobachte und sich informieren lasse, allerdings keine eigenen Kenntnisse zu dem Thema habe.

Der Sprecher von Bundesarbeitsministerin Andrea Nahles (SPD) fügte hinzu, bei den kürzlich bekannt gewordenen Fällen etwa in Braunschweig handele es sich nach derzeitigem Stand um Fälle aus der Vergangenheit. Heute soll das sogenannte Datenaustauschverbesserungsgesetz verhindern, dass Flüchtlinge mehrfach registriert werden und Sozialleistungen beziehen. Nach der Regelung werden alle Asylbewerber mit Fingerabdruck und persönlichen Daten registriert. Alle relevanten Behörden, darunter auch die Sozialämter, können über eine Datenbank abgleichen, ob ein Antragsteller bereits registriert ist oder nicht. Das Gesetz ist seit Februar 2016 inkraft. Seit Sommer wird nach Angaben des Innenministeriums die Registrierung flächendeckend vollzogen.

Müller kündigt "Marshallplan" für Afrika an

Zugleich kündigte Müller an, dass er in zwei Wochen einen Afrika-Marshallplan seines Ministerium vorlegen werde. "Die Ströme der nach Europa kommenden afrikanischen Flüchtlinge können nicht allein durch Abschottung und Begrenzung kontrolliert werden", sagte der CSU-Politiker. Wichtig sei auch eine eigene wirtschaftliche Perspektive.

Bei seinem Plan gehe es nicht um öffentliche Gelder. Schwerpunkt müsse sein, dass zum Beispiel der Mittelmeerraum als gemeinsame Wirtschaftszone verstanden wird, "um dort Wirtschaft, Ausbildungs- und Arbeitsplätze für Millionen von jungen Leuten auch mit Hilfe deutscher Privatinvestitionen zu schaffen". Zudem sollten neue Formen des gemeinsamen Handels mit Europa entstehen.