Im Mittelalter habe der Beginn des weltlichen neuen Jahres für die Kirche wohl keine große Rolle gespielt, sagte Philipp. Zudem hätten die Glocken per Hand geläutet werden müssen. "Man musste die Leute dafür bezahlen. Da wird es ein großes Geläut nur an hohen kirchlichen Feiertagen gegeben haben."
Insgesamt hätten die Glockentöne einstmals eine wichtige Funktion gehabt, sagte der Sachverständige. Zum Beispiel sei das Sterbegeläut viel differenzierter gewesen als heute. "Man konnte unterscheiden, ob ein Mann, eine Frau oder ein Kind gestorben war." Die Menschen hätten den jeweiligen Klang verstanden. So habe es auch Glocken gegeben, die ganz weltliche Signale gaben - etwa die Bierglocke oder die Weinglocke zum Schankschluss in den Gasthäusern.
Heutzutage ertönten die Kirchenglocken in der Regel zu Gottesdiensten und anderen liturgischen Anlässen, sagte der Experte. Der nächtliche Uhrschlag sei vielerorts eingestellt worden, auch weil es Beschwerden gegeben habe. Einige ältere Menschen vermissten jedoch bei Schlaflosigkeit den Stundenschlag zu ihrer Orientierung, sagte Philipp. Die meisten Läuteordnungen sähen aber vor, dass zum Jahreswechsel mitten in der Nacht das volle Geläut in Bewegung gesetzt werde. "Und dann beschwert sich keiner."