Die wittenbergische Nachtigall
Hg. von Johannes Block. Mit Beiträgen von Friedrich Schiller u.a. Leipzig: Ev. Verl.?Anst. 2013. 114 S. ISBN 978?3?374?03422?2, geb.: 14,80 €
Sammlung mit Gedichten zu Leben und Werk des Reformators von Zeitgenossen bis zu Autoren der Gegenwart.
Martin Luthers Einfluss und Wirkung war schon zu seinen Lebzeiten enorm groß und kontrovers. Das fand über fünf Jahrhunderte seinen Niederschlag in der Poesie und spiegelt den jeweiligen Zeitgeist, aber auch das Verhältnis der Textdichter zu der neuen Lehre, die weiterhin Befürworter und Gegner fand. Uneingeschränkte Bewunderung aller gilt seiner Bedeutung für die Entwicklung der deutschen Sprache. Der Buchtitel ist von Hans Sachs' gleichnamigem Gedicht entlehnt, jener Nachtigall, "die man jetzt höret überall" und für jenes Mönchlein steht, das zu Wittenberg "uns wecket aus der Nacht/ Darein der Mondschein uns gebracht", der für die päpstliche Irrlehre steht. Die Auswahl von 36 Gedichten in chronologischer Folge dokumentiert in vielen Facetten die unterschiedliche Konzeption durch die Zeit und eine gewisse Abkehr von früherer Überhöhung der Person hin zu kritischer Reflexion im 20. Jahrhundert. Die unterschiedlichen Gedichte laden ein zu einer nuancenreichen Zeitreise durch fünf Jahrhunderte, die mit Ausflügen zu Leben und Werk der Textdichter, und der zwei Dichterinnen, ergänzt werden könnte.
Halgard Kuhn
Lutherbilder aus sechs Jahrhunderten
Andreas Kuhn u. Gabriele Stüber. Hg. im Auftrag des Verbandes kirchl. Archive von Gabriele Stüber u. Holger Bogs. Ubstadt?Weiher: Verl. Regionalkultur 2016. 200. S. : überw. Ill. ; 25 cm. ISBN 978?3?89735?944?4, geb.: 17,90 €
Der Band zeigt insgesamt 100 Lutherbilder und erläutert sie.
Der erste Teil des Bandes basiert auf den 40 Bildern und themenbezogenen Texten, die seit März 2016 als Wanderausstellung in den einzelnen Landeskirchen zu sehen sind. Im 16. Jh. wird thematisiert unter den Aspekten – Ausgangspunkt, Propagandagraphik, Sakralbild – im 19. Jh. ? Bürger und mythische Lichtgestalt, Trutziger Nationalheld, Festlegung der Rollen – im 20. Jh. ? Brüche im Lutherbild, Lutherbild der Gegenwart, Lutherbild am Ende? ? Für das 21. Jh. werden Beispiele zum kommerzialisierten Luther vorgestellt und zum Schluss werden die recht unterschiedlichen Konzeptionen der Lutherjubiläen der Jahre 1883, 1917, 2017 aufgezeigt. Eindrucksvoll wird immer das offizielle Logo der Lutherdekade eingefügt mit dem Hinweis auf die Bedeutung des Wortes. Im zweiten Teil sind weitere 60 Bilder aus unterschiedlichen Materialien in chronologischer Reihung zusammengetragen, die die Fülle von sich verändernden Konzeptionen bis in die Gegenwart dokumentieren. Eine umfangreiche Bibliographie ermöglicht eine weiterführende Beschäftigung mit dem Thema. Besonders empfohlen im Zusammenhang mit der o. a. Ausstellung.
Halgard Kuhn
Michels, Karen: Martin Luther ? die Lektionen der Straße. Wie die Welt das Denken des Reformators veränderte.
Hamburg: Corso 2010. 96 S. : Ill. ; 24 cm. ISBN 978?3?86260?004?5, geb.: 19,90 €
Was hat Luther erlebt auf den 12.000 Kilometern, die er ? zumeist wandernd ? unterwegs war? Welche Spuren hinterließen seine vielfältigen Reisen in seinem Denken, Schreiben, Handeln?
Luther, der das Reisen keineswegs liebte, war dennoch ständig unterwegs. Frühe Dienstreisen für seinen Orden meist zu Fuß, auch zu Pferde und in unbequemen Kutschen. Später reiste er oft inkognito oder als Junker Jörg verkleidet und mit großem Begleitschutz. Er reiste zu Disputationen mit Kontrahenten, auf Reichstage, um für seine Reformvorschläge einzutreten und immer wieder zu seinem fürstlichen Herrn und Beschützer, wenn dieser ihn rief. Seine letzte Reise, auf der er schwer erkrankte und starb, hatte er angetreten, um zwischen zerstrittenen Parteien im Mansfelder Land zu schlichten. Seine erste und einzige Reise über die Alpen ins Zentrum kirchlicher Macht hat ihn besonders nachhaltig geprägt. Als abstoßend und schockierend erlebte er die prunkvolle Machtentfaltung kirchlicher Würdenträger, die bigotte Reliquienverehrung von unzähligen Pilgerscharen und die damit einhergehenden Geldzuwendungen empörten ihn mehr und mehr. Daraus folgte nach seiner Rückkehr die scharfe Kritik am Finanzgebaren des Papstes und der Kurie, auch einiger deutscher Fürsten. ? Der schön gestaltete, mit vielen zeitgenössischen Abbildungen versehene Band über Luthers Reisen entstand in der Begegnung der Kunsthistorikerin mit jenen Orten, die für den reisenden Mönch neue Einblicke und Alltagserfahrungen brachten, gesammelt jenseits der Studierstube, und sein Denken und Handeln nachhaltig veränderten. Allen LeserInnen empfohlen, die erfahren möchten wie die Welt den großen Reformator geprägt hat.
Halgard Kuhn
Sons, Rolf: Martin Luther als Seelsorger. Die Freiheit neu entdecken.
Holzgerlingen: SCM 2015. 256 S. ; 22 cm. ISBN 978?3?7751?5621?9, geb.: 14,95 €
Eine Beschreibung und Bewertung des Reformators Martin Luther als Seelsorger, wie es sich aus seinen Werken und Taten ergibt.
Martin Luther wird von dem jetzigen Rektor des Martin?Bengel?Hauses der württembergischen Landeskirche seinen Theologiestudierenden und allen interessierten LeserInnen als ein Seelsorger und Tröster verdeutlicht. Es gelingt dem Autor sehr gut, anhand des Freiheitsbegriffes des Reformators Luther, dessen radikales und hoffnungsvolles Gottesbild sich an Jesus Christus orientiert, die unterschiedlichen Bereiche und Sehnsüchte der Menschen für die Seelsorge lebendig werden zu lassen. Luthers Briefe und wichtige Schriften werden liebevoll zu Rate gezogen, so dass die Theologie (Rechtfertigungslehre, Gewissen und Zweifel) und wesentliche Grundpassagen des menschlichen Lebens (Ehe, Krankheiten, Tod) seelsorgerlich beschrieben werden. Ein sehr gut lesbares und überzeugendes Buch, das in seiner Klarheit den Seelsorger Martin Luther nicht nur für Fachleute sehr gut zum Ausdruck bringt. Dieses Buch kann sehr gut die theologischen und seelsorgerlichen Bestände in den Büchereien ergänzen.
Kurt Triebel
Neumann, Hans?Joachim: Luthers Leiden. Die Krankheitsgeschichte des Reformators.
Mit einem Vorwort von Margot Käßmann. Berlin: Wichern 2016. 208 S. ; 22 cm. ISBN 978?3? 88981?417?3, geb.: 19,80 €
Dieses, zum Reformationsjubiläum wieder aufgelegte Buch von 1995 beschreibt den großen Reformator Martin Luther mithilfe dessen Krankengeschichte.
Hans?Joachim Neumann, der 2014 verstorbene Professor für Mund?, Kiefer? und Gesichtschirurgie und Direktor der Berliner Charité, beschreibt das Leben und Leiden des Reformators, dessen Bild noch heutzutage von dem gewaltigen Bild des „Herkules Germaniae“ bestimmt ist. Er holt dabei den „Gründer“ der lutherischen Kirche von seinem Sockel ohne den Stab über ihn zu brechen. In diesem sehr lesbaren Buch werden die Krankheiten und die Zusammenhänge von Leib und Seele eines Menschen und die Folgen, die sich daraus ergaben, sehr deutlich und fachlich kompetent geschildert. Nach einem Einleitungskapitel legt Neumann die Krankengeschichte Luthers im Zusammenhang ausführlicher Literaturkenntnisse unter heutigen medizinischen Gesichtspunkten vor und zieht daraus seine Folgerungen. Er wertet die vorhandene Literatur aus, sieht aber im Gegensatz zu vielen Forschern, die Luthers Krankheiten als Folge seiner psychischen Gegebenheiten und Erfahrungen deuten, seine Leiden als Folgen seiner Lebensweise und des Lebenswandels. Neumann argumentiert nicht psychosomatisch, sondern umgekehrt „somatopsychisch“, wie Margot Käßmann es in ihrem einfühlsamen Vorwort formuliert. Dieses Werk eines kompetenten Mediziners vervollständigt die umfangreiche Lutherliteratur dieser Tage auf hilfreiche Weise.
Kurt Triebel