Am Dienstagmorgen sei ein 31-jähriger Flüchtling aus Ghana, dem in im örtlichen Kapuzinerkloster seit Juli Kirchenasyl gewährt wurde, von der Polizei abgeführt worden, erklärte Julia Lis vom Netzwerk Kirchenasyl Münster. Dabei sei auch Gewalt angewendet worden. "Die Räumung eines Kirchenasyls in Nordrhein-Westfalen ist ein ungeheuerlicher und in dieser Form einmaliger Vorgang", kritisierte Lis.
Die Polizei bestätigte den Einsatz und eine Auseinandersetzung mit dem Ghanaer sowie die Verwendung von Handschellen. Ein Kollege sei von dem Mann gebissen worden und sei den weiteren Tag dienstunfähig, sagte ein Sprecher der Polizei Münster dem Evangelischen Pressedienst (epd). Verantwortlich für die Abschiebung sei die Ausländerbehörde, betonte der Polizeisprecher. Die Polizei sei lediglich für den Vollzug hinzugezogen worden.
"Wie ein Schwerverbrecher behandelt"
Der Flüchtling aus Ghana war nach Angaben des Netzwerks Kirchenasyl zuvor in Ungarn registriert worden. Nach dem Dublin-Abkommen der Europäischen Union muss ein Flüchtling in dem EU-Staat Asyl beantragen, über den er in die EU eingereist ist. Bei den derzeitigen Zuständen in Ungarn sei es jedoch sehr zweifelhaft, dass der Mann aus Ghana dort ein faires Verfahren bekomme, kritisierte Lis. Zudem sei der Mann herzkrank und brauche eine entsprechende medizinische Behandlung.
Lis kritisierte das Vorgehen der Behörden scharf. "Wir waren gerade dabei, die Dokumentation des Falles an die zuständigen Stellen weiterzuleiten", erklärte sie. Dass diese Vorgänge nicht abgewartet worden seien und stattdessen die Ausländerbehörde "ein derart massives und brutales Vorgehen ohne jegliche Dialogbereitschaft" durchsetze, sei ungeheuerlich. Der Mann aus Ghana sei wie ein Schwerverbrecher behandelt worden. Er sei jedoch ein Bedürftiger, der sich hier Schutz erhofft habe.
Ein Sprecher des Kreises Coesfeld sage dem epd, der Kreis sei vom Bundesamt um Amtshilfe gebeten worden. Ob es sich bei der Unterbringung des Mannes aus Ghana tatsächlich um ein Kirchenasyl gehandelt habe, könne seine Behörde nicht sagen. Vom Bundesamt für Migration war zunächst keine Stellungnahme zu erhalten.
Beim Kirchenasyl werden Flüchtlinge ohne legalen Aufenthaltsstatus von Kirchengemeinden zeitlich befristet beherbergt. Ziel ist, in Härtefällen eine unmittelbar drohende Abschiebung in eine gefährliche oder sozial unzumutbare Situation zu verhindern und eine erneute Prüfung des Falles zu erreichen. Der Aufenthaltsort der Flüchtlinge wird den Behörden gemeldet. Bislang wird die Praxis des Kirchenasyls als Ausnahme in seltenen Fällen weitgehend geduldet.
Das im vergangenen Jahr gegründete Netzwerk Kirchenasyl in Münster unterstützt Kirchengemeinden mit Beratung und rechtlichem Beistand. In dem Netzwerk sind unter anderem Vertreter der katholischen und evangelischen Gemeinden sowie Vertreter der Flüchtlingsberatung und eines Bündnisses gegen Abschiebungen vertreten.