Viele Länder noch unentschieden über Wohnortzwang für Flüchtlinge

Foto: dpa/Daniel Karmann
Viele Länder noch unentschieden über Wohnortzwang für Flüchtlinge
In sieben Ländern gibt es noch keine Entscheidung darüber, ob den Schutzsuchenden zur Vermeidung von Ghettobildung ein Wohnsitz vorgeschrieben werden soll. Das hat eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) ergeben. Erst drei Bundesländer sind entschieden, den Wohnortzwang anzuwenden.

Die Umsetzung einer konkreten Wohnortzuweisung für anerkannte Flüchtlinge ist in vielen Bundesländern noch völlig offen. Wie eine Umfrage des Evangelischen Pressedienstes (epd) ergab, gibt es in sieben Ländern noch keine Entscheidung darüber, ob den Schutzsuchenden zur Vermeidung von Ghettobildung ein Wohnsitz vorgeschrieben werden soll. In den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen hat die Möglichkeit kaum Relevanz. Erst drei Bundesländer sind entschieden, den Wohnortzwang anzuwenden.

Rheinland-Pfalz ist bislang das einzige Flächenland, das eine Umsetzung der Regelung ausschließt. Die Landesregierung sehe derzeit keine Notwendigkeit dafür, teilte das Mainzer Integrationsministerium mit. Man behalte die Entwicklung aber im Auge und sei im Austausch mit den Kommunen. Die hatten vor allem auf die Regelung gedrungen.



Die Wohnsitzauflage ist im Integrationsgesetz festgeschrieben, das Anfang Juli von Bundestag und Bundesrat verabschiedet wurde und demnächst inkraft treten soll. Bundespräsident Joachim Gauck muss es noch unterzeichnen. Die Regelung sieht vor, dass auch anerkannte Flüchtlinge künftig drei Jahre in dem Bundesland bleiben müssen, in das sie nach der Aufnahme über den sogenannten Königsteiner Schlüssel verteilt werden. Den Stadtstaaten Berlin, Hamburg und Bremen ist bereits damit geholfen, weil Flüchtlinge aus den umliegenden Flächenländern damit nicht mehr kommen dürften.

Darüber hinaus können die Länder mit der Neuregelung innerhalb ihres Gebiets konkrete Wohnorte vorschreiben oder Ballungsräume verbieten, um Ghettobildungen zu vermeiden. Ausnahmen gibt es für Flüchtlinge, die andernorts Arbeit, Ausbildung oder Studienplatz haben.

In Hessen sollen Kommunen selbst entscheiden

Alle fünf ostdeutschen Flächenländer sowie Schleswig-Holstein und Niedersachsen sind noch unentschieden, ob sie den Wohnsitzzwang noch näher eingrenzen. Fest entschlossen, die Wohnsitzzuweisung umzusetzen, sind Baden-Württemberg, Nordrhein-Westfalen und das Saarland.

"Wir werden den Flüchtlingen ihren genauen Wohnort vorgeben, weil wir so am besten eine gleichmäßige Verteilung erreichen können", sagte der baden-württembergische Innenminister Thomas Strobl (CDU). Aus Nordrhein-Westfalens Integrationsministerium hieß es, die Auflage solle bis Ende des Jahres umgesetzt werden. Im Saarland ist die Einführung beabsichtigt, Einzelheiten müssen aber noch festgelegt werden. Auch Bayern gehörte zu den Befürwortern der Regelung, ein formeller Beschluss steht dort aber noch aus. Das hessische Innenministerium teilte mit, dort sollten die Kommunen selbst über die Anwendung entscheiden.

Sozialverbände fürchten Nachteile bei der Integration

Die Wohnsitzauflage hatte vor allem bei Sozialverbänden und Flüchtlingsorganisationen für viel Kritik gesorgt, weil sie die Einschränkung der Freizügigkeit für unverhältnismäßig halten. Zudem befürchten sie Nachteile bei der Integration, weil etwa Netzwerke aus Freunden und Bekannten zerrissen werden, die beim Ankommen in der Gesellschaft und der Jobsuche helfen.

Brandenburgs Ministerpräsident Dietmar Woidke (SPD) äußerte sich jüngst in einem Gespräch mit dem Evangelischen Pressedienst (epd) zwiegespalten über die Regelung: Er halte es "für schwierig, anerkannten Flüchtlingen Grundrechte zu verweigern wie eben das Recht auf die freie Wahl des Wohnorts", sagte er. Der Gedanke, Ghettobildungen zu verhindern, sei aber richtig.