Jugendliche würden in Deutschland oft "stillgelegt", dadurch steige die Gefahr einer politischen Radikalisierung, sagte der Leiter des Fachbereichs Islamische Theologie und Religionspädagogik an der Pädagogischen Hochschule Freiburg am Mittwoch dem Evangelischen Pressedienst (epd).
Die Jugendlichen kommen Ourghi zufolge mit vielen Hoffnungen nach Deutschland. Viele erlebten dann aber einen Kulturschock, lebten in geschlossenen Heimen, dürften nicht arbeiten oder in die Schule gehen. "Diese Zeit ist eine gefährliche Zeit, man muss sofort aktiv werden, der Schlüssel zur Integration ist die Sprache", sagte Ourghi nach der Axt-Attacke eines jungen Flüchtlings in einem Würzburger Regionalzug.
Bei Angeboten zur Integration gehe es in erster Linie darum, die westlichen Grundwerte wie Grundgesetz, Menschenrechte und Meinungsfreiheit zu vermitteln. Die jungen Flüchtlinge bräuchten realitäts- und zukunftsorientierte Konzepte, fordert der promovierte Islamwissenschaftler. Zudem müsse es für kriegstraumatisierte Jugendliche etwa aus Syrien oder dem Irak spezielle Angebote geben, etwa in Form einer Gesprächstherapie. "Denn die Menschen die zu uns kommen, bringen ihre Konflikte und Konflikterfahrungen mit."
Auf einer zweiten Ebene müssten die jungen Menschen von "neutralen Fachleuten in den europäischen Islam eingeführt werden", fügte der aus Algerien stammende Ourghi hinzu: "Wir leben hier einen pluralen Islam. Den Menschen aus anderen Kulturen müsse gezeigt werden, dass Menschen mit unterschiedlichen islamischen Prägungen friedlich miteinander leben können." Wenn die Muslime nicht untereinander in Frieden leben können, seien sie auch nicht bereit, mit Christen, Juden oder auch Atheisten friedlich zusammenzuleben. Wer die westlichen Grundwerte "nicht respektiert, kann faktisch hier ja auch nicht leben".
"Dachverbände sind die falschen Ansprechpartner"
"Es wäre fatal, die Moscheen in Deutschland in die Integrationsarbeit einzubinden", sagte Ourghi dem Evangelischen Pressedienst. Die islamischen Dachverbände müssten erst mal für die Integration ihrer Mitglieder sorgen. Durch die Dachverbände, die nur rund 15 Prozent aller hier lebenden Muslime vertreten würden, sei bereits ein konservativer Islam etabliert worden.
Ourghi: "Wir brauchen neutrale Menschen, die in Schulen und Heimen sowie Unterkünften Integrationskurse anbieten und nicht in den Moscheen. Die Dachverbände sind die falschen Ansprechpartner für die Integration bei uns in Deutschland." Wichtig sei ein flächendeckender humanistischer und moderner Islamunterricht an den Schulen.