Die Bundesvorsitzende Ulla Schmidt (SPD) sagte am Freitag in Berlin, mit den beiden Vorhaben solle die Selbstbestimmung aller Menschen mit Behinderungen gestärkt werden. Ausgerechnet denjenigen mit geistiger Behinderung, die besonders stark auf Unterstützung angewiesen seien, drohten aber Verschlechterungen.
Der Verband hat eine Kampagne unter dem Titel "Teilhabe statt Ausgrenzung", gestartet, mit der er Unterschriften unter eine Petition zur Überarbeitung der Gesetzesvorhaben sammelt. Schmidt sagte, sie setze auf das parlamentarische Verfahren. Die Kritik der Lebenshilfe werde auch von Abgeordneten und in den Bundesländern geteilt.
In Deutschland beziehen rund 860.000 Menschen Eingliederungshilfe, davon eine halbe Million geistig Behinderte. Es handelt es sich um Geld- und Sachleistungen für Hilfen im Alltag und im Beruf oder den Platz in einer Behinderten-Wohneinrichtung oder -werkstatt. Durch das Bundesteilhabegesetz und das dritte Pflegestärkungsgesetz, die beide im Herbst im Bundestag beraten werden sollen, soll sich bei der Finanzierung der Leistungen bis 2020 vieles ändern.
Geistig behinderte Menschen stünden nach den gegenwärtigen Plänen in zweierlei Hinsicht schlechter da, so die Lebenshilfe. Anders als ein körperlich behinderter Berufstätiger dürften sie auch weiterhin nur 2.600 Euro ansparen, obwohl der Freibetrag bis 2020 generell auf 50.000 Euro erhöht wird.
Zum Zweiten seien kleine Wohngemeinschaften für geistig Behinderte gefährdet, die außerdem Pflege brauchen. Die Pflegeleistungen sollen auf eine Pauschale von 266 Euro zusammengestrichen werden wie für behinderte pflegebedürftige Heimbewohner. Schmidt sagte, der Gesetzentwurf lasse offen, wo dann das fehlende Geld herkommen solle. Das Modell der kleinen Wohngruppen gerate dadurch in Gefahr. Nach Schätzungen der Lebenshilfe wohnen rund 20.000 geistig behinderte Menschen in solchen Wohngemeinschaften.
Schmidt betonte, es seien auch viele Verbesserungen geplant. Die Familien der geistig behinderten Menschen empfänden Teile der Gesetze aber als "sehr diskriminierend". Dabei dürfe es nicht bleiben, sagte die frühere Gesundheitsministerin und Vize-Vorsitzende des Bundestages. Die Lebenshilfe hat nach eigenen Angaben 130.000 Mitglieder und vertritt seit rund 50 Jahren die Interessen geistig behinderter Menschen und ihrer Familien.