Bereits die Analyse der Bundesregierung greife zu kurz: "Als Bedrohungen werden ganz unterschiedliche Phänomene wie Terror, Cyberangriffe, hybride Kriegsführung, fragile Staaten, Aufrüstung, die Bedrohung des freien Welthandels, Klima oder Migration aufgezählt." Völlig ausgeklammert würden im Weißbuch hingegen die weltweite wirtschaftliche und soziale Ungerechtigkeit, die Konflikte befeuere und Menschen in die Migration treibe, der immense Ressourcenverbrauch der Industrie- und Schwellenländer, der den Klimawandel beschleunige, der wachsende Waffenhandel auch in Krisenregionen und die Gefahr, die von Atomwaffen und deren Modernisierung ausgehe, meint Gildemeister.
Zwar werde im Weißbuch auch die Notwendigkeit ziviler Maßnahmen genannt, aber letztlich gehe es um mehr Soldaten und mehr Geld für eine Aufrüstung der Bundeswehr, betont der evangelische Friedensverband. Dabei werde aber ausgeblendet, dass militärische Interventionen in den letzten Jahrzehnten nie zur Lösung von Konflikten beigetragen, sondern letztlich zu noch größerem Leid geführt hätten. Gildemeister: "Sie tragen nicht zu mehr Sicherheit in Deutschland bei, sondern befördern vielmehr den islamischen Terror."
Erforderlich ist nach Auffassung der AGDF vielmehr, dass Deutschland einen entschiedenen Beitrag dazu leiste, die weltweite Ungerechtigkeit abzubauen, den Klimawandel zu verlangsamen und Instrumente der Krisenprävention und der zivilen Konfliktbearbeitung auszubauen. So werde mittel- und langfristig der Nährboden für Flucht und Terror entzogen und fragile Staaten könnten an Stabilität gewinnen. Die Bundesregierung müsse "auf eine aktive Friedenspolitik der EU, eine Stärkung der OSZE und des Europarates sowie der zivilen Aktivitäten der UN drängen – anstatt die NATO-Bündnispolitik hoch zu halten", fordert Jan Gildemeister.
Die AGDF mit Sitz in Bonn ist ein Zusammenschluss von 33 Organisationen und Institutionen, die alle mit unterschiedlichen Schwerpunkten und Arbeitsprogrammen im In- und Ausland Friedensarbeit leisten.