Zum ersten Mal seit mehr als 1.000 Jahren sind Vertreter orthodoxer Kirchen zu einem großen Konzil zusammengekommen. Am orthodoxen Pfingstfest am Sonntag feierten die Kirchenoberhäupter mit rund 240 Bischöfen zum Auftakt des Treffens auf der griechischen Insel Kreta die "Göttliche Liturgie" in der Kathedrale des Heiligen Menas von Heraklion. Den Vorsitz hatte der Ökumenische Patriarch von Konstantinopel, Bartholomäus I., das Ehrenoberhaupt der orthodoxen Weltkirche.
Überschattet wird das erste Treffen dieser Art in der Neuzeit, das im Geiste der Einheit stehen sollte, jedoch von Streit: Die Patriarchen von Bulgarien, Georgien und Antiochien sowie die Russische Orthodoxe Kirche sagten ihre Teilnahme ab. Nur 10 der orthodoxen 14 Kirchenoberhäupter kamen nach Kreta. Das Treffen, das schon seit mehr als 50 Jahren vorbereitet wurde und als kirchenhistorische Sensation galt, fällt damit deutlich kleiner aus als vorgesehen.
In den vergangenen Wochen war Kritik an Abläufen und Dokumenten des Konzils laut geworden, obwohl diese erst im Januar von den Teilnehmern beschlossen worden waren. Einige Kirchen beklagten nun eine zu liberale Ausrichtung. Zu den umstrittensten Dokumenten gehört der Text des sogenannten Ökumene-Papiers zum "Verhältnis der Orthodoxen Kirche zur übrigen christlichen Welt". Manchen Orthodoxen gehen die Aussagen zu weit, denn viele billigen etwa Katholiken und Protestanten den Status als Kirche nicht zu.
Beobachter sprechen auch von Machtspielen zwischen Moskau und dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel. Russland stellt mit rund 160 Millionen Mitgliedern mehr als die Hälfte aller rund 300 Millionen orthodoxen Christen weltweit. Laut dem Ökumenischen Patriarchat von Konstantinopel haben die Beschlüsse von Kreta trotz des Streits bindende Kraft für die gesamte Orthodoxie.
Die Beratungen beginnen am Montag. Das Konzil soll bis zum 26. Juni dauern.