"Es rührt am Kern des Grundrechts auf Asyl - dem Recht auf individuelle Prüfung - diese drei Länder als sichere Herkunftsstaaten einzustufen und über die Asylanträge Schutzsuchender von dort künftig in einem Schnellverfahren zu entscheiden", sagte Diakonie-Präsident Ulrich Lilie den Tageszeitungen des "RedaktionsNetzwerks Deutschland" (Freitagsausgaben). In den drei nordafrikanischen Ländern würden die Menschenrechte von politisch Andersdenkenden, Homosexuellen, Frauen und Behinderten regelmäßig verletzt.
Diakonie und Caritas: Vollständiges Arbeitsverbot aufheben
Auch Peter Neher, Präsident des Deutschen Caritasverbandes, lehnte die Pläne der Bundesregierung ab. "Das Konzept sicherer Herkunftsstaaten sehen wir sehr kritisch. Es birgt die Gefahr, dass das Ergebnis des individuellen Asylverfahrens vorweggenommen wird", sagte Neher.
Kritik kam auch von Pro Asyl: "Staaten, in denen gefoltert wird, demokratische Grundrechte missachtet und die Menschenrechte verletzt werden, sind keine sicheren Herkunftsstaaten", erklärte die Flüchtlingsorganisation. Die Bundesregierung beschönige die Lage und ignoriere Menschenrechtsverletzungen in den drei Ländern. Das geplante Gesetz sei verfassungswidrig. Pro Asyl kritisierte, es werde allein nach politischen Erwägungen entschieden.
Diakonie und Caritas forderten zudem, das vollständige Arbeitsverbot für die Betroffenen aufzuheben. "Wir regen an, auch für diese Staatsangehörigen in begrenztem Maße die Arbeitsaufnahme in Deutschland zu ermöglichen", sagte Caritas-Präsident Neher. Diakonie-Präsident Lilie mahnte eine "angemessene Teilhabe an Wohnraum, Arbeit, Gesundheitsversorgung und Bildung" an.
Asylanträge können schneller abgelehnt werden
Der Bundestag stimmte am Freitag mit großer Mehrheit für einen Gesetzentwurf von Bundesinnenminister Thomas de Maizière (CDU), nach dem Tunesien, Algerien und Marokko als sichere Herkunftsländer eingestuft werden. Die Bundesregierung verspricht sich davon schnellere Verfahren für Asylbewerber aus diesen Ländern und die Möglichkeit, sie schneller in ihre Heimat zurückzuschicken. Der Bundesrat muss der Einstufung noch zustimmen, bevor sie inkraft treten kann.
Asylanträge von Menschen aus sogenannten sicheren Herkunftsstaaten können in Schnellverfahren behandelt und in aller Regel als "offensichtlich unbegründet" abgelehnt werden. Angesichts steigender Flüchtlingszahlen hatte der Gesetzgeber in den vergangenen zwei Jahren auch die sechs Balkanstaaten Bosnien-Herzegowina, Albanien, Montenegro, Mazedonien, Kosovo und Serbien als sicher eingestuft.