Amnesty gegen "sichere Herkunftsstaaten" im Asylrecht

Streit um sichere Herkunftsstaaten
© Hassene Dridi/AP/dpa
Tunis: Demonstranten in Tunis im Januar 2018 am Jahrenatg der Revolution. Amnesty International lehnt das Konzept der sogenannten sicheren Herkunftsstaaten grundsätzlich ab: Georgien, Algerien, des Königreichs Marokko und die Tunesische Republik.
Amnesty gegen "sichere Herkunftsstaaten" im Asylrecht
Menschenrechtler wenden sich in der Diskussion um das Asylrecht gegen die Einstufung von Algerien, Tunesien, Marokko und Georgien als sichere Herkunftsstaaten, über die der Bundestag am Donnerstag berät.

"Amnesty International lehnt das Konzept der sogenannten sicheren Herkunftsstaaten grundsätzlich ab", sagte die Asyl-Expertin der Organisation, Franziska Vilmar, in Berlin dem Evangelischen Pressedienst (epd). Die Einstufung berge die Gefahr, "dass Asylanträge pauschal als offensichtlich unbegründet abgelehnt werden und das individuelle Schutzbedürfnis der Betroffenen nicht ausreichend berücksichtigt wird".

Jeder einzelne Asylantrag müsse aber laut Völkerrecht fair, sorgfältig und unvoreingenommen geprüft werden, hieß es. In den betreffenden Staaten komme es zu schweren Menschenrechtsverletzungen wie Folter sowie der Verfolgung von Homosexuellen und Aktivisten. Die Debatte im Bundestag am Donnerstag wird angestoßen durch einen Antrag der FDP, der aber vermutlich abgewiesen wird. Ein eigener Antrag der großen Koalition wird in einigen Wochen erwartet.

In Algerien wurden Vilmar zufolge im vergangenen Jahr mehr als 280 Mitglieder der muslimischen Religionsgemeinschaft Ahmadiyya strafrechtlich verfolgt und zum Teil verhaftet. Das sei ein offensichtlicher Verstoß gegen die Religionsfreiheit, betonte die Amnesty-Expertin. Zudem sei die Meinungs- und Versammlungsfreiheit in Algerien massiv eingeschränkt.



In Marokko stehen nach Vilmars Worten gleichgeschlechtliche Partnerschaften unter Strafe. Zwei Personen seien 2017 auf dieser Grundlage zu Haftstrafen verurteilt worden. Auch wenn die Strafen meist nur drei bis sechs Monate dauerten, stellten sie einen massiven Eingriff in die Persönlichkeitsrechte dar. Zudem seien Teilnehmer von friedlichen Protesten im Rif für soziale Gerechtigkeit hart verurteilt worden. "Die hohen Gefängnisstrafen gegen die Aktivisten sind unverhältnismäßig und durch unfaire Gerichtsverfahren zustande gekommen", erklärte Vilmar.

Zu Tunesien liegen Amnesty Erkenntnisse über Folter wie Schlafentzug, Waterboarding, Stockschläge oder Elektroschocks vor. "Dies sind gängige Verhörmethoden der Anti-Terror-Polizei in Tunesien", betonte Vilmar. In Georgien beklagte die Menschenrechtsorganisation in ihrem Jahresbericht Zweifel an der Unabhängigkeit der Justiz, Verstöße gegen das Asylrecht, eine hohe Zahl tödlicher Arbeitsunfälle im Bergbau und eine Diskriminierung von Homosexuellen.