Man könne den Verdacht haben, dass die Politik "in einigen Punkten doch kontraproduktiv über das Ziel hinausgeschossen ist", sagte der Richter am Bundesverwaltungsgericht, Uwe Berlit, am Dienstagabend bei einer Veranstaltung des Deutschen Anwaltvereins in Berlin. Berlit mahnte vor allem die Wahrung rechtsstaatlicher Grundsätze an. Er befürchtet, dass Flüchtlinge in den neuen beschleunigten Verfahren keinen Zugang zum Anwalt haben.
Der Leipziger Bundesrichter bezog sich dabei auf die eigentlich vom EU-Recht vorgegebenen Verfahrensregeln, nach denen Asylbewerbern anwaltliche Beratung und ausreichende gesundheitliche Betreuung zugänglich sein muss. Dies hätte vom Gesetzgeber mitgedacht werden müssen, sagte Berlit. Die speziellen Aufnahmeeinrichtungen, in denen die beschleunigten Verfahren dem Asylpaket zufolge für Menschen aus sicheren Herkunftsstaaten stattfinden sollen, seien aber nicht an Standorten mit einer hohen Dichte an Anwälten oder einer Zivilgesellschaft, die Unterstützung leistet, kritisierte er.
Das gleiche gilt nach Berlits Worten für die gesundheitliche Begutachtung. Nach den verschärften Regeln des Asylpakets werden nur noch lebensbedrohliche Krankheiten als Hindernis für eine Abschiebung angesehen. Posttraumatische Belastungsstörungen sind damit grundsätzlich kein Abschiebehindernis.
Berlit sagte, die Frage sei aber, ob nicht eine Schwere der Krankheit erreicht wird, die eine Abschiebung nicht zulässt, und ob diese Schwere innerhalb der kurzen Fristen im beschleunigten Asylverfahren überhaupt erkannt werden kann. Der Jurist hält das Gesetz dennoch für vereinbar mit EU-Recht. Beschleunigte Asylverfahren seien "nicht grundheraus verfassungswidrig". Vonnöten sei aber eine "verfassungskonforme Anwendung".