Bundesverfassungsgericht: Zweiter Anlauf zum NPD-Verbot

Bundesverfassungsgericht: Zweiter Anlauf zum NPD-Verbot
Zum zweiten Mal steht die NPD auf dem Prüfstand des obersten deutschen Gerichts. Gerichtspräsident Voßkuhle nennt ein Parteiverbot ein "zweischneidiges Schwert". Befangenheitsanträge der NPD gegen zwei Richter wurden in Karlsruhe abgelehnt.

Karlsruhe (epd)Das Bundesverfassungsgericht verhandelt seit Dientag auf Antrag des Bundesrats über ein Verbot der NPD. Die rechtsextreme Partei steht damit zum zweiten Mal auf dem Prüfstand des höchsten deutschen Gerichts. Zum Auftakt der mündlichen Verhandlung, die zunächst auf drei Tage angesetzt ist, lehnte das Karlsruher Gericht Befangenheitsanträge der NPD gegen zwei Richter ab. Mit einer Entscheidung in dem Verbotsverfahren wird erst in einigen Monaten gerechnet.

Partei stachelt zum Hass auf

"Die NPD ist eine rassistische, revisionistische und demokratiefeindliche Partei", sagte Bundesratspräsident Stanislaw Tillich (CDU). Die NPD sei gefährlich und arbeite aktiv-kämpferisch darauf hin, die freiheitliche demokratische Grundordnung der Bundesrepublik Deutschland zu beseitigen. Die vergangenen zwei Jahre hätten gezeigt, dass die Partei zum Hass aufstacheln könne. Brandanschläge auf Asylbewerberunterkünfte seien Folge ihres rassistischen Gedankenguts, sagte Sachsens Ministerpräsident.

Die NPD sei die "institutionelle und von der staatlichen Parteienfinanzierung unterstützte Basis eines rechtsextremistischen Netzwerks", sagte Tillich. Zudem untergrabe sie europäische Grundwerte und ziele außenpolitisch auf die "Zerstörung der europäischen Friedensordnung".

Meinungsbildungsoption angegriffen

NPD-Anwalt Peter Richter erklärte in seiner einführenden Stellungnahme, durch das Verfahren solle "faktisch die Todesstrafe gegen eine politische Partei verhängt werden". Damit werde in die Meinungsbildungsoption des Volkes massiv eingegriffen. Bei dem Verbotsverfahren gehe es den Antragstellern nur um Politik und Machterhalt. Die NPD habe sich bisher nicht zum Verbotsverfahren geäußert, weil "wir glauben, dass eine vertrauliche Kommunikation nicht gewährleistet ist". Die NPD gehe davon aus, dass sie abgehört werde.

Zum Auftakt hatte Gerichtspräsident Andreas Voßkuhle auf die Risiken des Verfahrens hingewiesen. Ein Parteiverbot sei "ein scharfes, zweischneidiges Schwert", das mit Bedacht einzusetzen sei. "Es schränkt die Freiheit ein, um Freiheit zu bewahren", sagte Voßkuhle. Jedes Verbotsverfahren sei eine "ernsthafte Bewährungsprobe für den freiheitlich-demokratischen Verfassungsstaat".

Befangenheitsanträge der NPD gegen die Richter Peter Müller und Peter Huber lehnte das Gericht ab. Politische Äußerungen seien Bundesverfassungsrichtern nicht grundsätzlich verwehrt, sagte Gerichtspräsident Voßkuhle. Müller (CDU) war von 1999 bis 2011 Ministerpräsident des Saarlands, Huber (CDU) war von 2009 bis 2010 Innenminister in Thüringen.

Zudem hatte die NPD argumentiert, alle Richter müssten vom Verfahren ausgeschlossen werden, weil sie nicht vom Plenum des Bundestags gewählt worden seien, sondern nur durch den Richterwahlausschuss. Diese Rüge sei ebenfalls unbegründet, sagte Voßkuhle.

Zu möglichen Verfahrenshindernissen sagte der Bevollmächtigte des Bundesrats, Christian Waldhoff, bundesweit seien elf V-Leute auf der NPD-Führungsebene abgeschaltet worden. Dies werde durch mehrere Personen kontrolliert. Weitere Kontaktaufnahmen dürfe es nicht geben. Eine Ausspähung der Prozessstrategie und Kommunikation mit dem Verfahrenbevollmächtigten der NPD habe es nicht gegeben.

Bisher nur zwei Parteiverbote

Der Präsident des Bundesamts für Verfassungsschutz, Hans-Georg Maaßen, sagte, eine Telekommunikationsüberwachung der NPD habe es nicht gegeben. Dies gebe es nur bei Terrorismus. Auch einen möglichen "Beifang" bei Informationen durch ausländische Nachrichtendienste könne er ausschließen.

Die mündliche Verhandlung in Karlsruhe ist zunächst bis Donnerstag angesetzt. Die Bundesländer hatten den Verbotsantrag über den Bundesrat im Dezember 2013 eingereicht. 2003 war das erste NPD-Verbotsverfahren in Karlsruhe wegen V-Leuten des Verfassungsschutzes in der Partei gescheitert.

Grundlage für ein Parteiverbot ist Artikel 21 (2) des Grundgesetzes. Demnach kann eine Partei verboten werden, wenn sie darauf abzielt, "die freiheitliche demokratische Grundordnung zu beeinträchtigen oder zu beseitigen oder den Bestand der Bundesrepublik Deutschland zu gefährden". Verfassungsrichter Voßkuhle nannte es eine "besondere Herausforderung" für das Bundesverfassungsgericht, diese Frage zu klären.

In der Geschichte der Bundesrepublik gab es bisher nur zweimal ein Parteiverbot: 1952 gegen die nationalsozialistisch orientierte Sozialistische Reichspartei (SRP) und 1956 gegen die als stalinistisch eingeordnete Kommunistische Partei Deutschlands (KPD).