Dresden (epd)Anhänger der fremdenfeindlichen "Pegida"-Bewegung wenden sich zunehmend der rechtspopulistischen AfD zu. Diesen Trend verzeichnet die dritte am Lehrstuhl des Dresdner Politikwissenschaftlers Werner Patzelt angefertigte "Pegida"-Studie. In erweiterter Form soll die Untersuchung demnächst auch als Buch erscheinen.
Demnach hat unter den Demonstranten die Zahl der Nichtwähler und derer, die keiner Partei vertrauen, stark abgenommen. Die AfD profitiere davon und würde bei einer anstehenden Bundestagswahl derzeit 82,2 Prozent der Stimmen von "Pegida"-Anhängern bekommen, hieß es. Dennoch meinen zwei Drittel der Befragten, sie stünden politisch genau in der Mitte. Nur jeder fünfte verortet sich rechts und 7,4 Prozent bezeichnen sich als "ganz rechts".
Geringe Beteiligung an Studie
"Der Straßendruck könnte in die AfD münden", schlussfolgert Politikwissenschaftler Patzelt. Unverändert sind 86 Prozent der antwortbereiten Demonstranten der Ansicht, "Pegida" werde in Deutschland etwas zum Besseren ändern. Patzelt erneuerte in diesem Zusammenhang seinen Vorwurf an die CDU, sie sei "zu faul geworden, den rechten Rand zu integrieren". Damit habe sie "ihre wichtige staatspolitische Rolle nicht ausgefüllt".
Wie bei früheren Studien auch büßen die Ergebnisse jedoch durch den geringen Beteiligungsgrad an Relevanz ein. "Man hat letztlich keine Ahnung über die Grundgesamtheit", räumte Lehrstuhlmitarbeiter Michael Hilbert ein. Von 1.052 an einem Montag im Januar angesprochenen Personen war nur ein Drittel bereit, auf Interviewfragen von Studenten zu antworten. Die Interviewer wiederum hatten äußerlich der rechten Szene zuzuordnende Demonstranten gar nicht erst angesprochen. Zwei Drittel der Interviewer mussten Beleidigungen hinnehmen, 22 Prozent wurden physisch attackiert, weitere zehn Prozent mit körperlicher Gewalt bedroht.
Weitere Ergebnisse der Studie dürften dennoch zumindest tendenziell die Mehrheitsmeinung der Dresdner "Pegida"-Anhänger widerspiegeln. Drei Viertel sehen die Demokratie allgemein als vorteilhaft an, ein fast ebenso hoher Anteil ist aber mit ihrem Funktionieren in Deutschland unzufrieden.
Ablehnung fremder Kulturen stark ausgeprägt
Noch deutlicher fällt mit 85 Prozent das vernichtende Urteil über die Medienberichterstattung aus. Wenig überraschend sind zudem hohe Ablehnungsquoten von Ausländern allgemein und Flüchtlingen im Besonderen. Patriotismus und die Ablehnung fremder Kulturen bleiben stark ausgeprägt, hieß es. Die erstmals erfassten Zahlen zum Verhältnis Deutschland zu Russland oder den USA ließen zudem eine klare Amerikaskepsis erkennen, während 71 Prozent finden, dass Russland meist zu Unrecht kritisiert werde.
Hinsichtlich rassistischer und extremistischer Tendenzen zieht die Studie ein widersprüchliches Fazit. Einerseits konstatieren die Autoren ein "größer und dichter gewordenes Ausmaß an Radikalität", verstärkte Neigung zu völliger Intoleranz und totale Abkehr vom Staatswesen. Eine allgemeine Radikalisierung wollen sie aber nicht erkennen, weil eine große Mehrheit der Befragten die Teilnahme von Rechtsextremisten an ihren Demonstrationen ablehnt. Während Politikwissenschaftler Patzelt die "Pegida"-Redner bei einem solchen "Gemeinschaftserlebnis" eher in Schutz nahm, stellt die Studie eine schriller und rüder gewordene Kritik fest, die bisweilen Grenzen des Anstands und des Strafrechts überschreite.