Viele der Kinder und Jugendlichen seien von Krieg und Flucht traumatisiert, sagte Kinderrechtsexpertin Barbara Küppers am Montag in einem Gespräch mit dem epd: "Sie sehnen sich nach Mama und Papa. Da wäre es fatal, wenn sie jetzt die Aussicht verlören, ihre Eltern jemals wieder zu sehen."
Das Asylpaket II verstoße mit diesem Passus gegen die Vorgaben der UN-Kinderrechtskonvention, die Deutschland ratifiziert habe, betonte Küppers. Sie forderte die Bundesregierung dringend auf, den Gesetzentwurf, über den noch im Bundestag abgestimmt werden muss, entsprechend zu ändern.
Die Expertin betonte, die meisten Minderjährigen, die ohne ihre Eltern nach Deutschland kämen, seien im Jugendalter. "In zwei Jahren sind sie erwachsen. Dann entfällt für sie ohnehin das Recht auf Familiennachzug." Deshalb könne eine solche Einschränkung schwere Folgen für die psychische Gesundheit der Jugendlichen haben. "Sie sind ohnehin belastet durch die Sorge um ihre Eltern, die noch in Unsicherheit und Gefahr leben. Viele haben sogar Schuldgefühle." Auch ihre Fähigkeit zu Lernen und Neues aufzunehmen werde unter einer solchen erneuten Traumatisierung leiden.
Ohnehin beantragten nur ganz wenige der minderjährigen Flüchtlinge Asyl: "Es ist eine Mär, dass Jugendliche auf den Weg nach Deutschland geschickt werden, um dann ihre Großfamilien nachzuholen", sagte Küppers. Die meisten Eltern schickten ihre Kinder weg, damit wenigstens sie in Sicherheit sind. "Sie wollen selbst möglichst lange in ihren Heimatländern bleiben - auch um dort noch ein Standbein zu behalten. Andere haben auch einfach nicht das Geld, um die Flucht für alle zu finanzieren."
Streit ausgebrochen
Ende Januar 2016 gab es nach Angaben des "Bundesfachverbands Unbegleitete Minderjährige Flüchtlinge" rund 68.000 unbegleitete Minderjährige und junge Erwachsene. Im gesamten Jahr 2015 seien nur 442 Väter und Mütter per Familiennachzug nach Deutschland eingereist.
Der Familiennachzug für Flüchtlinge mit einem geringeren Schutzstatus soll nach dem Asylpaket für zwei Jahre ausgesetzt werden. Das gilt vor allem für syrische Flüchtlinge, die zuvor in Lagern etwa in Jordanien oder dem Libanon gelebt haben. Nach dem vom Kabinett verabschiedeten Entwurf fallen darunter auch unbegleitete Minderjährige. In der Koalition ist über diese Klausel inzwischen Streit ausgebrochen.